Chefredaktion: Joachim Dorfs (jd)
Bundesbankpräsident Jens Weidmann sieht die Voraussetzung für die europäische Einlagensicherung nicht erfüllt, weil nationale Wirtschafts- und Finanzpolitik den Zustand des Bankensystems beeinflusst und Folgen falscher politischer Entscheidungen dann auf die europäischen Sparer abgewälzt werden.
Immerhin haben wir die ersten beiden Pfeiler der Bankenunion etabliert, nämlich die gemeinsame Bankenaufsicht und den Abwicklungsmechanismus im Pleitefall. Erstere arbeitet schon, Letzteres wird nächstes Jahr etabliert. Beides soll ja gerade die Folgen nationaler Politik begrenzen. Aber sicher werden wir über den Kommissionsvorschlag weiter diskutieren.
Läuft der Kommissionsvorschlag nicht letztlich auf eine Transferunion hinaus?
Das müssen wir natürlich verhindern. Aber deshalb kann ein Mitgliedsland auch nur teilnehmen, wenn es alle Voraussetzungen erfüllt.
Was passiert, wenn die Einlagensicherung nicht kommt?
Wir stehen am Anfang der Verhandlungen und nicht am Ende. Die Kommission wird dabei konstruktiv sein. Und zu guter Letzt müssen das der Rat der Staats- und Regierungschefs sowie das Europaparlament entscheiden. Die Position der Kommission ist aber klar. Wenn die Einlagensicherung nicht kommt, bleiben wir im Jahr 2012 stehen: Das Finanzsystem in Europa ist dann nicht so stabil, wie es sein könnte, weil am Ende wieder Nationalstaaten für ihre Banken einstehen müssen – mit allen Konsequenzen für die Stabilität des Systems.
Bis ins Frühjahr hinein wurde wegen Griechenland der Fortbestand der Europäischen Wirtschafts- und Währungsunion in Frage gestellt. Dann kamen die Flüchtlinge und der Terror, und die wirtschaftlichen Sorgen waren nicht mehr so sichtbar. Haben sich die Bedenken in Luft aufgelöst?
Nein. Aber man sieht heute umso mehr, dass wir eine starke Wirtschaft in Europa brauchen, um mit den anderen Herausforderungen fertig zu werden. Wir haben in Europa ein moderates Wachstum, das wir verstärken müssen. Strukturreformen werden weiter verfolgt, wenngleich wir nicht so schnell vorankommen wie geplant.