Auch in Zeiten des Internets ist das Sammeln von Unterschriften keine schnelle Angelegenheit. Es macht weiter Arbeit, sagt Michaela Sieh.

Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Brüssel - Auch in Zeiten des Internets ist das Sammeln von Unterschriften keine schnelle Angelegenheit. Es macht weiter Arbeit, sagt Michaela Sieh.

 

Frau Sieh, wie sammelt man eine Million Unterschriften?

Wir haben Listen auf Elternabenden, in Arztpraxen und bei Vorträgen ausgelegt. DM und Weleda haben Broschüren mit Unterschriftenblatt gedruckt, und wir haben auf Facebook geworben. Wir hatten nationale ehrenamtliche Koordinatoren, dazu rund tausend besonders engagierte Helfer und eine hauptamtliche Geschäftsstelle. Nur mit ehrenamtlicher Tätigkeit schafft man das nicht.

Welche Initiativen haben Aussicht auf Erfolg?
Manche sagen: Fange erst an, wenn du eine Million Mailadressen hast. Außerdem haben es plakative Anliegen leichter – so wie jetzt die Initiative für Wasser als Grundrecht. Wer eine Initiative angemeldet hat und welche Interessen dahinterstecken, tritt dann vielleicht in den Hintergrund.

Wie viel kostet denn eine erfolgreiche Initiative?
Manche rechnen mit 1,66 Euro je Unterschrift, andere mit 15 Cent. Bei uns waren es 75 Cent. Am teuersten sind gedruckte Werbematerialien, Öffentlichkeitsarbeit mit E-Mailings und Briefen, Personal- und Reisekosten.

Wird das Unterschriftensammeln für viele nun mit Hilfe des Internets einfacher und günstiger?
Eine Million kriegen Sie weiterhin nicht in einer Woche. Es reicht ja nicht, dass Sie Ihre Nachricht auf Facebook verbreiten; die Unterschriften werden auf einer anderen Seite geleistet. Außerdem wird in 18 von 27 Mitgliedstaaten zusätzlich die Passnummer gefordert, das ist eine Hürde. Es wird dank Internet schneller und billiger, aber es wird nicht ohne Papierunterschriften gehen und nicht ohne Infobroschüren.

Wird Europa demokratischer, wenn eine Million Bürger von 500 Millionen Europäern etwas fordern?
Die Institutionen haben die Hürde für den zaghaften Beginn transnationaler Demokratie bewusst nicht zu hoch gelegt. So haben auch Organisationen mit weniger als zehn Millionen Mitgliedern eine Chance. Und weiterhin sind eine Million Unterschriften für eine kleine Gruppe aus mindestens sieben EU-Bürgern ziemlich viel.

Könnte es frustrierend sein, dass auf Kampagnen letztlich keine Gesetzesinitiative folgt?
Wir können den Unterzeichnern unserer Charta mitteilen, dass wir den Kontakt zu den europäischen Institutionen halten. Brüsseler Politik ist eben nicht so einfach, und es wird bei der Bürgerinitiative keine spektakulären Resultate geben. Aber wir können etwas tun. Außerdem sollten wir nicht vergessen, dass die Europäische Bürgerinitiative als grenzüberschreitendes Instrument zur Bürgerbeteiligung weltweit einzigartig ist. Jeder kleine Schritt bringt uns der direkten Demokratie ein Stück näher.
Das Gespräch führte Jan Georg Plavec.