Deutschland ist nach dem souveränen Sieg beim Eurovisions-Finale von Lena Meyer-Landrut im Freudentaumel. Es ist das erste Mal seit 28 Jahren, dass Deutschland den Schlagerwettbewerb gewinnt.

Hamburg - "Ich hoffe, dass in Deutschland eine große Party abgeht", sagte Lena Meyer-Landrut am Samstagabend im Siegestaumel beim Eurovision Song Contest in Oslo. Die rund 37.000 Fans der offiziellen ARD-Grand-Prix-Party an der Reeperbahn in Hamburg kamen ihrem Wunsch nur zu gern nach. Bei strahlendem Sonnenschein hatten sich viele bereits Stunden vor Beginn der Live-Übertragung aus Oslo auf dem Spielbudenplatz eingefunden, um sich beim musikalischen Vorprogramm einzugrooven. Es herrschte eine ausgelassene, heitere Atmosphäre, fast wie bei der Fußball-WM 2006. Bei Grillwürstchen, Bier und Caipirinhas - zum Teil bereits mit Deutschlandfahnen in der Hand und auf der Wange ausstaffiert - sangen sich Tausende mit Oh-oh-oh-oh-oh-oh-Chören schon mal ein.

Moderiert wurde der "Countdown für Oslo" von Matthias Opdenhövel und Sabine Heinrich, die bereits aus der Casting-Show "Unser Star für Oslo" bekannt waren. Die Norwegerin Marit Larsen sang ihren Hit "If a song could get me you", und auch Nena, Xavier Naidoo und Unheilig heizten die Stimmung weiter an. Hape Kerkeling, als Jury-Vorsitzender für die Punkteverkündung aus Deutschland zuständig, bewies einen guten Riecher und prophezeite schon da: "Lena geht aufs Goldtreppchen." Später übte der sprachbegabte Entertainer mit dem Publikum noch eilig die norwegischen Dankesworte: "Tusen takk, Norge!" ein. Mit "Jetzt geht's los"-Rufen erwartete die Menge ungeduldig die Live-Schalte in die Telenor-Arena nach Oslo.

Das Rahmenprogramm zum Eurovision Song Contest wurde in Hamburg ausgeblendet. In dieser Zeit coachte Deutschlands Vortänzer Nr. 1, Detlef D! Soost, die Massen für die "Euro-Dance"-Flashmob-Aktion um 23 Uhr: "Rechts-links, rechts-links, ausrasten, ausrasten, ausrasten!" Das vorwiegend junge Partyvolk ließ sich das nicht zweimal sagen. Auch in Düsseldorf machten die Fans bei der Aufzeichnung für den Flashmob-Dance mit. "Jetzt hab ich auch Partylaune!", rief die 16-jährige Lena im Hamburger Publikum, die ihre in nur vier Monaten zu Berühmtheit gelangte Namensvetterin für "ihre coole, lässige Art" bewundert. Auf der Reeperbahn nachts um halb elf war es dann endlich soweit. Lenas auf der Leinwand überlebensgroß erscheinende Auftritt bildete den vorläufigen, frenetisch umjubelten Höhepunkt des Abends: "Lena"-Sprechchöre, Pfeifen, Kreischen, Klatschen. Die Reeperbahn bebte, alles tanzte, und Zehntausende sangen wie aus einer Kehle begeistert den Refrain mit. Anschließend wurde bei der Punkteverteilung mitgefiebert. Je deutlicher wurde, dass ein Sieg von Lena im Bereich des Möglichen lag, desto mehr stieg die Spannung, aber auch die Erwartungshaltung. Am Ende wurden bereits einstellige Punktzahlen ausgebuht. Das hatte es in Deutschland lange nicht gegeben.

Immer wenn "Lovely Lena" unter die ersten Drei eines Landes kam, hieß es dagegen: "Ausrasten, ausrasten, ausrasten!" Als schließlich klar wurde, dass Lena nicht mehr zu schlagen war, gab es für das Publikum kein Halten mehr. "Das hier ist unser WM-Auftakt!", freute sich Florian Fischer. Der Fußball-Fan hatte mit seinen Kumpels schon mal die schwarz-rot-goldenen Flaggen ausgepackt: "Endlich mal ein Public Viewing mit Happyend!" "Oh Gott, oh Gott, ich dreh durch!": Mit dieser Reaktion auf ihren Sieg und den typischen, kokett-schrägen Kommentaren brachte Lena ihre Fans zum Lachen. Als sie zum zweiten Mal ihren Siegersong "Satellite" anstimmte, feierten Zehntausende ausgelassen ihren "Star für Oslo". "Von null auf hundert in so kurzer Zeit, das ist sensationell", fand auch Jörg Schwalm. Der Hamburger hatte als kleines Kind 1982 den Sieg von Nicole gesehen: "Ich hätte ja nicht gedacht, dass ich das noch mal erlebe", meinte er grinsend in Anspielung auf die fast 30-jährige Durststrecke Deutschlands. Als dann in Oslo bereits die Lichter ausgingen, wurde in Hamburg noch kräftig weitergefeiert mit Culcha Candela, Anna Loos und Silly, Stefanie Heinzmann sowie Jennifer Braun, der Zweiplatzierten von "Unser Star für Oslo". Die Begeisterung der Lena-Fans war auch in Hannover grenzenlos: Vor dem alten Rathaus fieberten rund 20.000 mit ihrem Idol mit. Immer wieder flogen die Arme in die Höhe, wenn die 19-Jährige am Ende des Grand Prix acht, zehn oder zwölf Länderpunkte sammeln konnte. Unbeschreiblich die Begeisterung und der Jubel, als Lena der Sieg dann nicht mehr zu nehmen war, wie ARD-Kommentator Peter Urban sagte, der selbst aus dem Staunen nicht herauskam. Die heimatlichen Lena-Fans fielen sich in die Arme und tanzten auf dem Rathausplatz.

Der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) übermittelte der Gewinnerin noch in der Nacht nach Oslo seine Glückwünsche. Er wollte sie am Sonntagnachmittag bei der Ankunft am Flughafen Hannover-Langenhagen persönlich gratulieren. Vom Flughafen sollte es im Konvoi zum Rathaus gehen, um die Siegesfeier fortzusetzen. Nach dem Eintrag in das Goldene Buch der Stadt sollte Lena dort ab 17.00 Uhr live auf dem Rathausplatz vor ihren heimischen Fans auftreten. "Toll, dass Lena diesen Supererfolg in Oslo erreicht hat", freute auch sich der hannoversche Oberbürgermeister Stephan Weil (SPD).