Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Das letzte Mal, da war vor allem Lena in ihrer Mischung aus Unbekümmertheit, Klugheit und Sexappeal ein Novum. Sie war "echt" und "authentisch", diese Begriffe sind das höchste Lob, das Kritiker bei diesem hochgezüchteten Showspektakel zu vergeben haben. Inzwischen ist die Sängerin ein Profi im Musik- und Medienbusiness, und ihr Glanz hat trübe Flecken bekommen. Bei diversen Preisverleihungen quasselte sie Nonsens, bei ihren Konzerten gerieten vor allem Kinder in Ekstase. Ein zweites Mal ESC-Geschichte zu schreiben, könnte also schwierig werden. Wer kann sich schon selber toppen? Und verlangt nicht jeder Grand Prix nach einem neuen Star?

 

Schon die Wahl von "Unserem Song für Deutschland" war ein ermüdendes und abstruses Unterfangen: Bei den Vorentscheidungen machte sich Lena quasi zwölfmal selber Konkurrenz. Die TV-Quoten floppten, und Raab gab kleinlaut zu: "Kann auch sein, dass das mit der Titelverteidigung eine Scheißidee war." Das Raab'sche Vermarktungsimperium namens Brainpool, das Lenas Tour organisiert und ihre CD produziert hat, bringt ein weiteres Kuriosum hervor: Raab wird die Halbfinals und das Finale selbst moderieren, zusammen mit Anke Engelke und Judith Rakers.

Kann Lena ein zweites Mal verzaubern?

Aber es gibt auch gute Nachrichten: Google sieht die Titelverteidigerin auf der Basis von Suchanfragen wieder als Siegerin. ESC-Kenner halten eine Platzierung unter den ersten fünf für machbar, auch das wäre ein Erfolg. Das Grand-Prix-Ritual wird, so oder so, seine Faszination entfalten. Und Lena ist eine starke Persönlichkeit. Vielleicht gelingt ihr ja doch überraschend das Kunststück, ein zweites Mal alle Welt zu verzaubern.