Elmar Hörig verstört mit rassistischen Witzen seine alten Fans – und gewinnt bei Facebook 5000 neue Fans hinzu. Was ist von dem ehemaligen Radiomoderator zu halten?

Reportage: Frank Buchmeier (buc)

Baden-Baden - Politisch korrekt war Elmar Hörig noch nie. Als Kultmoderator des Popsenders SWF 3 („Elmis Radio Show“) machte er Witze über jede Minderheit, jede Kirche und jede Partei. Zum 123. Geburtstag von Konrad Adenauer spielte er für fünf Sekunden eine Hitlerrede und sagte: „Ups, das war ja gar nicht Adenauer.“ Kurz nach der Rundfunkfusion schmiss ihn der SWR raus, weil er sich über eine Ankündigung der Bahn lustig gemacht hatte, wonach homosexuelle Paare verbilligte Fahrkarten erhalten sollten. „Warme Woche bei der Bundesbahn“, kalauerte Hörig, „dann braucht man die Züge künftig nicht mehr zu heizen.“ Das war’s dann im März 1999 für den selbst ernannten Radiogott. Seither vertreibt sich Hörig die Zeit mit Golfspielen in Baden-Baden, Surfen an seinem Zweitwohnsitz Lanzarote sowie damit, wie er sagt, „auf Facebook irgendeinen Scheiß zu posten“.

 

Was gibt es auf Hörigs Facebook-Seite zu entdecken? Zum Beispiel ein Foto, das ihn zeigt, wie er alte Hunde auf einem Gnadenhof streichelt, dem er 50 Euro gespendet hat. Oder ein Bild von einer Westerngitarre, mit dem er an den gewaltsamen Tod von John Lennon vor 36 Jahren erinnert. Vor allem aber: Karikaturen, die man als rassistisch und fremdenfeindlich interpretieren kann (darunter übrigens mehrere von Charlie Hebdo, jener französischen Satirezeitschrift, auf die Islamisten im vergangenen Jahr einen Terroranschlag verübten). Hörig postet also banales oder blödes Zeug, wie es sich in den sozialen Netzwerken milliardenfach findet.

Der Ex-Radiomann, der sich selbst als „Z-Promi“ bezeichnet, wäre keine Zeile wert – wenn ihn nicht die rheinland-pfälzische SPD-Landtagsabgeordnete Giorgina Kazungu-Haß wegen Volksverhetzung und Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole angezeigt hätte. Aktueller Anlass war ein vorweihnachtlicher Post von Hörig: Auf dem Bild sieht man zwei Schokonikoläuse mit selbst gebastelten Ku-Klux-Klan-Kapuzen, vor ihnen liegt ein nicht mehr in Stanniolpapier gekleideter Schokoweihnachtsmann mit abgebrochenem Kopf. Offenbar eine Hinrichtungsszene.

Reflexhaft wird jede fremdenfeindliche Trivialität thematisiert

Kazungu-Haß, deren Vater Kenianer ist, beschwerte sich über diese Geschmacklosigkeit zunächst bei Facebook. Das amerikanische Unternehmen antwortete jovial: „Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, einen möglichen Verstoß gegen die Gemeinschaftsstandards zu melden. (. . .) Wir haben das von dir im Hinblick auf wegen Verherrlichung drastischer Gewalt gemeldete Foto geprüft und festgestellt, dass es nicht gegen unsere Gemeinschaftsstandards verstößt.“ Woraufhin Hörig postete: „Tja, Frau Haß, lief wohl eher suboptimal mit Facebook. Die scheinen mehr Humor zu haben, als ich dachte.“

Zum Glück für die SPD-Landtagsabgeordnete gibt es hierzulande Pressevertreter, die bereit sind, reflexhaft jede fremdenfeindliche Trivialität zu thematisieren. Zwei Tage, nachdem Facebook sein Urteil im Fall Hörig gefällt hatte, griff ein Politikredakteur der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ tief in die Kiste der Empörungsrhetorik: Der einstmals gefeierte Radiostar Hörig sei heute ein Hetzer, der unverhohlen gegen Flüchtlinge Stimmung mache. Seine einstigen Fans seien „fassungslos und entsetzt“.

Das mag stimmen. Wahr ist aber auch: Elmar Hörig erntet bei Facebook für seine unterirdischen Späße wesentlich mehr Beifall als Kritik. Und nach dem Artikel in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ durfte er in seiner ganz eigenen sarkastischen Art triumphieren: „Seit meiner gestrigen ganzseitigen Werbeschaltung in der FAZ ist die Zahl meiner Fans um ca. 1500 gestiegen. Ich bin tief beeindruckt und überlege, ob ich das vielleicht bei ,Stern’ und ,Spiegel’ auch machen sollte.“

Das Dilemma des traditionellen Journalismus

Zumindest „Spiegel online“ ließ sich nicht lange bitten und veröffentlichte noch am selben Tag unter der Überschrift „Elmar Hörig, was ist passiert?“ einen offenen Brief. Mit dem Effekt, dass der gescholtene Hörig die Zahl seiner Facebook-Fans innerhalb von nur einer Woche um 5000 auf fast 40 000 steigern konnte. Womit mal wieder das Dilemma deutlich wird, in dem sich der traditionelle Journalismus befindet: Er prangert rechtsextreme Umtriebe an und verschafft damit ausgerechnet jenen Zulauf, vor denen er warnen will. Auch dieser Artikel wird dafür sorgen, dass ein alter Sprücheklopfer Aufmerksamkeit bekommt, der vielleicht besser ignoriert werden sollte.

Was sagt Elmar Hörig selbst dazu, dass sich – wie der „Spiegel“ meint – die Gesellschaft peinlich berührt von ihm abwendet? Wie findet er es, dass – wie die FAZ glaubt – die Erschütterung über ihn eine neue Dimension erreicht hat? „Das interessiert mich nicht“, antwortet Hörig. „Wer über die Sachen, die ich auf Facebook poste, nicht lachen kann, muss sie sich nicht anschauen oder kann in einem Kommentar schreiben, dass er sie scheiße findet.“ Im Übrigen habe er sich schon immer gerne auf Stammtisch-Niveau bewegt. Als Griechenland fast pleite war, habe er Witze verbreitet wie: „Treffen wir uns heute Abend zum griechisch Grillen? Also ohne Kohle!“ Nun seien es halt Flüchtlinge, über die er sich lustig mache.

Was kann man aus solchen Äußerungen schließen? Elmar Hörig ist ein 67-Jähriger, der sich weigert, erwachsen zu werden. Ein infantiler Trotzkopf, der um des Provozierens willens provoziert. Gerne würde er als aufrechter Konservativer und Kämpfer für die Meinungsfreiheit dastehen. Dabei ist er bloß ein Zotenreißer. Man sollte Elmar Hörig nicht ernst nehmen.