Der US-amerikanische Musiker Ezra Furman verwandelt mit seiner Band "The Boyfriends" am Donnerstagabend den Stuttgarter Glaskasten Schocken in einen Rock'n'Roll-Club mit Rotlicht und beschlagenen Scheiben. Sein Publikum dankt dem Exzentriker mit Tanzeinlagen und Applaus.

Stuttgart - Schrille, fast schon verstörende Saxophonklänge, ein verschmierter Gitarrensound und ein Schlagzeug, das den Zuhörer unweigerlich in Bewegung setzt – Sänger und Komponist Ezra Furman und seine vierköpfige Tourband „The Boyfriends“ legten am Donnerstagabend einen musikalischen Zwischenstopp in Stuttgart ein, um neben Hits wie "My Zero" und  "Take Off Your Sunglasses" Furmans zweite Soloplatte „The Day of the Dog“ vorzustellen. Veröffentlicht wurde das Album Ende Januar. Es ist das vierte innerhalb von fünf Jahren und der bislang letzte musikalische Output des verschrobenen Künstlers aus Chicago, der zuletzt Frontmann und musikalischer Kopf der Bostoner Harpoons war.

 

Dass der junge Musiker irgendwie etwas anders ist, erkennt man recht schnell. Der zierliche Furman tritt kurz nach 21 Uhr selbstbewusst und mit knallrotem Lippenstift dekoriert auf die kleine Konzertbühne des Schocken. Mit den Worten „Stuttgart, Bonjour!“ und einem Lächeln, das verrät, dass Furman sich selbst nicht ganz so ernst nimmt, begrüßt er seine Zuhörer. Der kleine Glaskasten in Stuttgart-Mitte ist bis in die Galerie hoch gut gefüllt und die Stimmung erwartungsvoll gespannt. Klar, man könnte Furman recht einfach in die Exzentriker-Schublade stecken, wenn er wie unter Strom seine Texte ins Mikrofon kreischt und zwischendurch immer wieder fahrig an seinen Gitarren-Pedalen und Kabeln nestelt. Doch so einfach macht es der Musiker seinen Zuhörern nicht.

Furman macht es den Zuhörern nicht leicht

Auch wenn das Konzert an manchen Stellen so unterhaltsam ist, wie ein Karaoke-Abend auf einem Promille Alkohol, hat man am Ende der Show das Gefühl: Ezra Furman kokettiert mit seiner spleenigen Art und testet die Grenzen bei seinen Zuhörern aus, wie Rainer Maria Rilke bei seinen Lesern. In Wirklichkeit weiß Furman, ebenso wie seine außergewöhnlich talentierten Instrumentalisten, genau, was und wie er es macht.

Der sympathische Sänger wechselt von schrägen Tönen, die man fast schon als abstrakte Kunst bezeichnen kann, zu unglaublich gekonnten und zerbrechlichen Gesangspartien, die glaubwürdiger nicht sein könnten. Das Gleiche gilt für seine Kompositionen, die zwischen depressiv amerikanischen Teenagerdramen, rotzig-rebellischem Punk-Pop und pulsierendem Rock’n’Roll schwelgen. Letzteres Genre beeindruckt am Donnerstagabend am meisten, denn durch das Rotlicht, die schweißtreibenden Tanzeinlagen vor und auf der Bühne und die beschlagenen Scheiben des Schocken, kommt man sich vor, als wäre man durch ein Zeitfenster gefallen und direkt in den 50ern gelandet.

Mit einem „Thank You Forever“ und Zugaben verabschiedet sich Furman mit seinen „Boyfriends“ von seinem Stuttgarter Publikum, das ihn entsprechend feiert.

Viseos von Ezra Furman