Worin besteht das Versagen?
Die Verflechtung zwischen dem Kanzleramt und der Industrie ist viel zu eng und bedroht eine unabhängige Regulierung. Die Kanzlerin hat ihren Parteifreund, Ex-Verkehrsminister Matthias Wissmann, als Chef des Verbands der deutschen Automobilindustrie empfohlen. Und seit 2010 hat Brüssel die Bundesregierung gemahnt, endlich das Stickoxidproblem anzugehen, das sich in den Großstädten massiv bemerkbar macht. Aber man hat in Berlin nichts getan. Ganz im Gegenteil war Berlin auf Wunsch des Verbands nur dann aktiv, als es darum ging, in Brüssel strengere Auflagen für die Autoindustrie abzumildern. Und die Umweltprüfung von Autos hat man dem Kraftfahrbundesamt (KBA) übertragen, obwohl das KBA dafür gar keine Kompetenz hat. Man wollte halt vermeiden, dass das Umweltbundesamt auf den Plan tritt. Dabei ist dort der Sachverstand versammelt.
Was muss die Bundesregierung jetzt tun?
Sie muss endlich ehrlich werden und ehrlich handeln. Die Nähe der Politik zum Diesel fällt der Industrie wie den Bürgern jetzt auf die Füße.
Immerhin verlangt die Politik kostenlose Nachrüstungen von Diesel-PkWs.
Ich finde es seltsam, dass die Politik - und allen voran Ministerpräsident Kretschmann – das auch noch bejubelt. Ein Software-Update reicht vorn und hinten nicht, zumal niemand weiß, welche Folgen es für den Motor hat, wenn die Abgasreinigung beim Diesel bei niedrigeren Temperaturen einsetzt. Da gibt es, salopp, gesprochen, ungeklärte Risiken und Nebenwirkungen.
Hat der Diesel Zukunft?
Nein, der Diesel ist verbrannt. Jedenfalls ist das im PKW-Sektor so. Bei Lastwagen gibt es eine Vorheizung, die die Abgasreinigung erreicht. Nur wäre es sehr teuer, diese Lösung für PKW zu übernehmen. Da reden wir von Kosten von etwa 2000 Euro je Fahrzeug. Für den breiten Massenmarkt scheidet sie damit aus, weil sie zu teuer ist.