Die Erlöse mit fair gehandelten Produkten haben sich in den vergangenen drei Jahren verdoppelt. Besonders Kaffee und Südfrüchte sind bei den Kunden gefragt. Die Kooperativen fordern strengere Regeln für den globalen Handel.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Wachsende Nachfrage, breitere Sortimente, mehr Angebote im Supermarkt – der faire Handel boomt. Im vorigen Jahr kauften die deutschen Verbraucher für mehr als eine Milliarde Euro Produkte mit dem Fair-Trade-Siegel und von anerkannten Importeuren wie Gepa. Das sei eine Steigerung von 31 Prozent zum Vorjahr und entspreche einer Verdopplung des Umsatzes innerhalb der letzten drei Jahre, bilanziert das Forum Fairer Handel (FFH) am Mittwoch in Berlin zufrieden.

 

Die positive Entwicklung sei „ein klares Signal, dass es immer mehr Menschen in Deutschland wichtig ist, mit ihrer Konsumentscheidung zu einer menschenwürdigen und fairen Produktion unserer Alltagsgüter beizutragen“, sagt der Geschäftsführer des Netzwerks, Manuel Blendin. Mit nur 13 Euro Ausgaben je Bürger und Jahr hinke Deutschland jedoch Ländern wie der Schweiz (57 Euro) und Großbritannien (33 Euro) immer noch sehr weit hinterher. In Frankreich sind es allerdings nur acht Euro, in Spanien ist es sogar nur ein einziger Euro je Bürger.

Bei fair gehandelten Produkten sollen Erzeuger in Entwicklungsländern, zum Beispiel Kaffeebauern in Afrika, garantierte Mindestpreise von den Händlern erhalten. Die Geschäftsbeziehungen sollen langfristig sein und den zumeist kleinen Produzenten die Existenz gegen die Konkurrenz multinationaler Konzerne sichern. Umwelt- und Sozialstandards sollen eingehalten werden. Die Kriterien legen unterschiedliche Organisationen fest, die Gütesiegel vergeben. International und auch in Deutschland ist das Fairtrade-Siegel führend, das von der Dachorganisation Fairtrade Labelling Organizations International (FLO) vergeben wird. Mit fast 800 Millionen Euro Umsatz hatten Produkte, die mit diesem Siegel versehen  sind, auch im vergangenen Jahr den mit Abstand größten Anteil am fairen Handel hierzulande. Auch in Supermärkten und bei Discountern sind diese Angebote inzwischen zu finden. In alternativen Weltläden und bei Aktionsgruppen, die den fairen Handel einst ins Leben riefen, lag der Umsatz immerhin bei knapp 73 Millionen Euro.

Strengere Regeln zum Schutz der Menschenrechte gefordert

Mit 77 Prozent des Gesamtumsatzes sind Lebensmittel weiter das am stärksten gefragte Sortiment. Der größte Teil des Absatzes 2014 entfällt auf Kaffee (15 700 Tonnen) und Südfrüchte (53 800 Tonnen). Mit 38 Prozent am Gesamtumsatz des fairen Handels ist Kaffee das mit Abstand wichtigste Produkt. Noch ist aber sehr viel Luft nach oben. Denn am Kaffee-absatz in Deutschland sind die fairen Produkte nur zu knapp drei Prozent beteiligt.

Das Forum Fairer Handel setzt sich seit Jahren für strengere Regeln im globalen Handel zum Schutz der Menschenrechte ein. „Auch deutsche Unternehmen sind direkt oder indirekt an schweren Menschen- und Arbeitsrechtsverletzungen entlang globaler Lieferketten beteiligt und profitieren davon“, kritisiert Armin Massing, politischer Referent des Forums. Für gerechtere Wirtschafts- und Handelsstrukturen reichten die Macht der Verbraucher und freiwillige Unternehmensinitiativen alleine nicht aus. „Es bedarf dringend politischer Weichenstellungen“, so Massing.

Mit der Kampagne „Mensch. Macht. Handel. Fair.“ fordert das Forum von der Bundesregierung ein Gesetz, das deutsche Unternehmen dazu verpflichten soll, ihre Lieferketten stärker auf die Einhaltung von Mindeststandards bei Menschenrechten und Umweltschutz zu kontrollieren. Wer seine Sorgfaltspflicht nicht nachweisen kann, soll für Schäden haftbar gemacht werden können. Betroffene auch aus dem Ausland sollen dazu vor deutschen Gerichten klagen können. Solche Regeln zur „menschenrechtlichen Haftung“ fehlten bisher im globalen Geschäftsverkehr, kritisiert das Forum.

Bislang sei es kaum möglich, Unternehmen für Menschenrechtsverstöße oder Umweltschäden im Ausland zur Rechenschaft zu ziehen, sagt Massing. Im Rahmen des aktuellen Prozesses zur Erarbeitung des Nationalen Aktionsplans „Wirtschaft und Menschenrechte“ solle die Bundesregierung deshalb verbindliche Regeln für deutsche Unternehmen festlegen. Mehr als zehntausend Menschen in Deutschland haben sich nach Angaben des Forums bereits dieser Forderung mit ihrer Unterschrift angeschlossen.