Von einer ganz anderen Seite haben die Göppinger am Sonntag ihre Innenstadt einmal kennenlernen dürfen. Das Quartier rund ums Schloss wurde vom Storchen bis zur Stadtkirche mit einem Familienfest eingeweiht.

Göppingen - Vor dem alten Kasten klappern die Hufe einer kleinen Eselherde, am Stadtmuseum im Storchen rollen Kugeln durch kunstvoll gestaltete Bahnen, und vor dem Schloss knarzt ein antiquiertes Minikarussell im Rund. Von der Grabenstraße bis zum Schlosshof hat sich den Göppingern am Sonntag eine bislang unbekannte Flaniermeile präsentiert. Im mittelalterlichen Gewand und unter dem Motto „Göppingen spielt“ wurde damit offiziell der Schlossplatz und sein Umfeld sowie der vor wenigen Monaten neu eröffneten Storchen eingeweiht. Rund fünf Millionen Euro hat die Stadt in die Sanierungs- und Umbaumaßnahmen am oberen und unteren Ende der Schlossstraße investiert.

 

Klingende Gebilde darf man in Gang setzen

Beim städtischen Museum im Storchen durften Groß und Klein althergebrachte Spiele entdecken. Bälle wurden gefilzt, man konnte mit Murmeln spielen, Kreisel tanzen lassen oder auf Stelzen gehen. Ein Höhepunkt waren zwei künstlerisch gestaltete Riesen-Kugelbahnen. Mit reichlich Farbe duften Kinder auch kleine Holztiere der Firma Ostheimer selbst bemalen.

Auf dem Weg zum Schlossplatz verzauberten dann entlang der Schlossstraße 20  Klanginstrumente des französischen Künstlers Etienne Favre die Besucher, welche die klappernden und klingenden Gebilde eigenhändig in Gang setzen mussten. So konnten die Passanten auf einer Blockflötenorgel spielen, die mit Blasebälgen aus Gummistiefeln belüftet wurden, oder diverse Trommelrasseln rotieren lassen.

Mit Eseln durch die Innenstadt

Beim Alten Kasten machten die Esel der Zachersmühle Station. Gegen einen geringen Obolus durften junge Besucher sie durch das Schlosswäldchen führen. Neben weiteren Spiel- und Mitmachstationen und zahlreichen Gesellschaftsspielen, die in der Stadtkirche ausprobiert werden durften, bot vor allem der Schlossplatz viel Kurzweil. Er gehörte, zumindest zum Teil, dem Kinderzirkus Rondelli aus Uhingen-Holzhausen. Die Mitglieder hatten allerlei Requisiten mitgebracht, die jedermann unter Anleitung erproben durfte.

Zwischendrin in dem ganzen munteren Treiben entstand plötzlich Tumult. Ein mittelalterlich Gewandeter schrie über den Platz. Frauen im dicken Wams stritten um das letzte Chorherrengestühl, und ein Gassenjunge erklärte einer Magd, was es mit dem Schloss auf sich hat. Mit kleinen Szenen aus der Stadtgeschichte unterhielten die Mitglieder des Teatro Zanni aus Schorndorf (Rems-Murr-Kreis) am Familienfest das geneigte Publikum und versetzten ihre Zuschauer in den Alltag vor 200 oder mehr Jahren zurück.

Märchenhaftes Theater im Schlosshof

Noch märchenhafter ging es im Schlosshof zu. Dort fabulierte ein Puppentheater das Märchen vom Dornröschen – sehr zum Entzücken vor allem der Jüngsten im Publikum. Später ging es rund um den Brunnen beim Marstall noch auf einem Steckenpferdeparcours um die Wette.

Für viele Besucher war das Fest eine Offenbarung. „Ich habe den neuen Schlossplatz schon gekannt und bin begeistert von der Atmosphäre. Das ist meine neue Lieblingsecke in der Stadt, und mit solchen Aktionen noch mehr“, erklärte Evelyn Schirmer, die mit ihrer Tochter gerade erst die großen Holzpferde im Museumsgarten entdeckt hatte. Nun war sie in der Zwickmühle. Während das Töchterchen sich von seinem Reittier nicht losreißen wollte, begann nämlich bald die nächste Dornröschen-Vorstellung. Und die wollten sie sich eigentlich auch noch anschauen.