Wer mag, kann im Rahmen der Fastengruppe auch sogenannte „Straßen-Exerzitien“ unternehmen. Dabei begibt man sich in den öffentlichen Raum, um Beobachtungen in Sachen Armut zu machen, eventuell auch Kontakt zu Menschen aufzunehmen, denen es offensichtlich nicht gut geht. Diese Beobachtungen werden dann beim wöchentlichen Treffen der Gruppe besprochen, die laut Hülle „als Kristallisationspunkt dient, um Erfahrungen auszutauschen oder eventuell auch Ideen zu entwickeln“.

 

Aber kann man Menschen Armut „ansehen“? Denn um Armut und um nichts Anderes geht es in Sachen Hartz IV. Eine Frage, auf die Dekan Eckart Schultz-Berg, Pfarrer an der Stadtkirche, ein Sowohl-als-auch findet: „Man kann viel kaschieren. Und es gibt Menschen, die mit aller Kraft versuchen, auch in ihrem äußeren Erscheinungsbild ihre Würde zu verteidigen. Das aber ist sehr schwer. Oft sieht man die Armut auch an Kleinigkeiten, an den Schuhen nicht zuletzt. Bei Männern auch oft an der Frisur.“

Ein drängendes, gesellschaftliches Thema

Margit Rudorfer, die die Menschen im Evangelischen Zentrum empfängt, schöpft aus reicher Erfahrung: „Menschen in Armut sind nicht selbstbewusst. Es gibt welche, die ihren Stolz verteidigen. Aber fast allen sieht man an, dass Armut weit über das Materielle hinaus belastet. Armut drückt.“ Ein Gedanke, den Peter Hülle aufgreift: „Arbeitslosengeld 2, das ist Armut. Insofern ist unsere Fastengruppe eine Konfrontation mit einem drängenden, gesellschaftlichen Thema. Vielleicht ist das auch die Begegnung mit Menschen in Armut. Mit Menschen, die am Rande des Existenzminimums leben. Als Kirche haben wir auch die Aufgabe, diesen Menschen auf Augenhöhe zu begegnen. So, dass sie sich als ebenbürtig erleben können.“

Dekan Eckart Schultz-Berg ist überzeugt: „Diese Initiative ist keine Fantasienummer wie sieben Wochen Schokoladeverzicht. Das hat Realitätsgehalt. Wer diese Erfahrung sucht, der wird sie nach Ostern nicht beiseite schieben. Da wird etwas bleiben.“