Dirk Niebel und Birgit Homburger verlieren auf dem Bundesparteitag in Berlin ihre Positionen in der FDP-Spitze – und Baden-Württemberg, das Stammland des deutschen Liberalismus, wird marginalisiert.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Samstagabend, „Sportschau“-Zeit: Birgit Homburger, die Landesvorsitzende der FDP in Baden-Württemberg, hat eine bittere Niederlage zu verdauen. Sie versammelt ihre Truppe unter der Empore, von der aus die Fernsehkameras den Parteitag filmen. Über den Köpfen der Südwestliberalen prangt ein grünes Schild, das auf einen Notausgang hinweist. Doch Homburger kann der Schmach nicht entfliehen, die sie soeben erlitten hat. Sie ist als stellvertretende Parteivorsitzende durchgefallen.

 

Das kam so: bis dato war Homburger die Erste unter den FDP-Vizes. Mit diesem Posten war sie abgefunden worden, als sie die Stelle als Fraktionsvorsitzende im Bundestag für Rainer Brüderle räumen musste. Jetzt wurde die Nachwuchshoffnung Christian Lindner, ehedem Generalsekretär, inzwischen Fraktionschef im Landtag von Nordrhein-Westfalen, auf den Ehrenplatz gewählt. Homburger sollte aber neben der Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger in der Stellvertreterriege bleiben. Diesen Anspruch machte ihr Holger Zastrow aus Sachsen streitig, hinter dem sich die ostdeutschen Liberalen scharten. Das hätte aber kaum gereicht, um das Duell gegen Homburger zu gewinnen. Denn sie wähnte die stärksten Landesverbände hinter sich. Im ersten Wahlgang lag sie aber 27 Stimmen hinter Zastrow. Im zweiten legte sie zu, aber es reichte trotzdem nicht.

Der Sachse Zastrow verdrängt Chefin der Südwest-FDP

Unter den Südwestliberalen wurde zunächst ein taktisches Manöver diskutiert, um Homburger einen Platz im erweiterten Parteipräsidium zu retten: Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel, der für einen Beisitzerposten kandidierte, hätte zu Gunsten Homburgers verzichten können. Doch er dachte nicht daran. Was Niebel von Homburgers Führungsqualitäten hält, ist spätestens offenkundig, seit er ihr den ersten Rang in der Südwest-FDP streitig machte und sich zum Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl küren ließ. Nun blieb Homburger nichts anderes übrig, als den „äußerst erfolgreichen“ Minister im Namen des Landesverbandes Baden-Württemberg für den Beisitzerposten vorzuschlagen. Niebel hat das Lob wenig genutzt. Gegen den konkurrierenden Parteirebellen und erfolgreichen Wahlkämpfer aus Schleswig-Holstein, Wolfgang Kubicki, war er chancenlos. Niebel hatte sogar noch weniger Stimmen als sein farbloser Kabinettskollege, der Gesundheitsminister Daniel Bahr, der sich ebenfalls Hoffnung auf einen Platz im Parteipräsidium gemacht hatte. Niebel wurde für seinen kritischen Auftritt beim Dreikönigstreffen abgestraft. Dabei hatte er nur gefordert, den für Mai geplanten Parteitag vorzuziehen – wie es nun geschehen ist. Da Philipp Rösler sich an der Parteispitze behauptet hat, war Niebel zum Verlierer gestempelt. Er musste erfahren, dass Königsmörder allenfalls heimliche Sympathie genießen, ihre Courage aber selten honoriert wird – schon gar nicht, wenn sie erfolglos bleiben.

Rösler rettet Homburgers Platz im Präsidium

Am Ende hat dann der Parteichef selbst Baden-Württemberg einen Platz im Präsidium gerettet. Als der letzte präsidiale Beisitzerposten zur Wahl aufgerufen war, schlug Rösler persönlich Birgit Homburger vor. Er hat ihr schließlich zu verdanken, dass die Rochade, die ihn einst an die Spitze der FDP brachte, einigermaßen geräuschlos über die Bühne ging. Homburger blieb bei dieser Wahl ohne Konkurrenz, errang aber dennoch nur ein mäßiges Ergebnis. 63,8 Prozent stimmten für sie, 191 Delegierte bekannten ganz offen ein Nein. Damit ist Baden-Württemberg, wo die FDP regelmäßig ihre stärksten Ergebnisse erzielt, auf der Führungsetage der Partei marginalisiert. Für Homburger ist die schmachvolle Wahl in drei Anläufen ein Menetekel. Nach der Bundestagswahl dürfte sich die Führungsfrage für die Südwestliberalen erneut stellen.

Es gibt gleichwohl trotz allem auch Erfolgsmeldungen für Baden-Württemberg: Michael Link, der Staatsminister im Auswärtigen Amt, erzielte bei den Wahlen zum Parteivorstand das beste Ergebnis. 78,1 Prozent stimmten für ihn. Neben dem Heilbronner Link werden auch der Europaparlamentarier Michael Theurer sowie die Bundestagsabgeordneten Hartfrid Wolff und Florian Toncar weiter dem Vorstand angehören. Und diese Namen werden dann auch wieder eine Rolle spielen, wenn es Birgit Homburgers Nachfolge an der Spitze der Südwest-FDP zu regeln gilt.