Lencke Steiner ist nach ihrem Erfolg in Bremen der Shooting-Star der FDP. Auf dem Bundesparteitag wird man sie feiern. Im StZ-Interview verrät sie, warum sie die Fehler der Vergangenheit nichts angehen.

Berlin – - Die Quereinsteigerin will mit unkonventionellen Mitteln für Politik begeistern. Es stört sie nicht, wenn dies mancher für Spaßwahlkampf hält.
Frau Steiner, Sie haben in Bremen die FDP wieder in die Bürgerschaft geführt. Was haben Sie, was die FDP bis vor Kurzem nicht mehr hatte?
Ich möchte nicht in die Vergangenheit schauen. In Bremen haben wir uns, und das hat uns von allen anderen Parteien unterschieden, mit Visionen für die Zukunft beschäftigt. Wir haben versucht, Menschen zu emotionalisieren, für Politik zu begeistern. Ich hatte da als Quereinsteigerin eigene Vorstellungen. Wir haben zum Beispiel unsere Auftaktveranstaltung in den VIP-Bereich der Ostkurve des Weserstadions verlegt. Das Stadion ist Bremen pur. Aber normalerweise haben die Fans keine Chance, in die Lounge zu kommen. Diesen Bereich haben wir deshalb für alle geöffnet. Und siehe da: 250 Gäste kamen. Bei der SPD waren es beim Auftakt weniger.
Hat es Sie geärgert, dass Ihnen daraufhin vorgeworfen wurde, in alte Spaßwahlkampfzeiten der FDP zurückzufallen?
Da bin ich immun. Ich bin 29 und war daran nicht beteiligt.
Aber Sie werden für die Vergangenheit der FDP in Haftung genommen . . .
Ich versuche, Menschen wieder für Politik zu interessieren. Das gelingt nicht mehr, wenn man sie mit stundenlangen, vom Zettel abgelesenen Vorträgen quält. Es muss angesichts der Wahlbeteiligung das Ziel aller Parteien sein, die Menschen wieder zu erreichen. Deshalb verstehe ich den Vorwurf nicht. Warum darf es keinen Spaß machen, für politische Inhalte zu begeistern? Warum darf man keine interessanten Veranstaltungen machen?
Was hat Sie bewogen, ausgerechnet für die Not leidende FDP anzutreten?
Als Angehörige der jüngeren Generation fühlte ich mich von allen anderen Parteien nicht nur missverstanden, sondern gar nicht erst gehört. Das Thema Generationengerechtigkeit bewegt mich sehr. Ich war die vergangenen zwei Jahre für die Jungen Unternehmer als Bundesvorsitzende aktiv. Wir haben uns in vielen Gesprächen mit den Parteien gegen das Rentenpaket der großen Koalition und die Rente mit 63 gestellt. Ich war dann echt bedient, als am Ende auch noch die Junge Gruppe der Union umfiel und dem Paket entgegen ihrer Überzeugung mehrheitlich zustimmte. Als Unternehmerin fühlte ich mich ohnehin nicht mehr repräsentiert. Es wird immer mehr reguliert: Arbeitsstättenverordnung, Mindestlohn, Frauenquote, Entgeltgleichheitsgesetz. Da habe ich mir gesagt: Es reicht. Ich muss versuchen, selbst ans Ruder zu kommen.
Sie sind als Parteilose angetreten, um Ihre Unabhängigkeit zu dokumentieren. Warum sind Sie jetzt doch eingetreten?
Ich will jetzt voll dazugehören.
Ist Ihnen dann von Herrn Lindner schon ein Führungsposten angeboten worden? Auf dem Parteitag wird gewählt . . .
Bremen hat Vorrang, aber wir werden sehen.
Sie werden Fraktionschefin in der Bürgerschaft. Wie wollen Sie das mit Ihren Aufgaben als Unternehmerin vereinbaren?
Ich habe im Unternehmen ein starkes Team, das wird in der Fraktion auch so sein. Viele operative Angelegenheiten werden mir im Unternehmen von meinen Mitarbeitern abgenommen. Ich bin sicher: das wird sich einspielen.
Ist Ihre unternehmerische Freiheit Voraussetzung für Ihr politisches Wirken?
Ich bin nicht auf der Jagd nach Ämtern, wenn Sie das meinen, und ich würde auch nichts tun, was mir nicht gefällt, nur damit ich zum Beispiel Senatorin werde. Ich mache Politik aus Überzeugung. Meine unternehmerische Perspektive gibt mir dafür den notwendigen Rückhalt. Politikerin ist deshalb auch nicht mein Hauptberuf.
2015 sind neue Folgen der Vox-TV-Serie „Die Höhle der Löwen“ geplant, bei der Sie als Jurorin Ideen von Gründern bewerten. Bleibt es dabei?
Die zweite Staffel kommt im Herbst, ist aber schon komplett gedreht. Dafür muss ich also keine Zeit mehr aufwenden. Und auch der Bundesvorsitz bei den Jungen Unternehmern endet im September.
Sie müssen dennoch als Unternehmerin mit dem Vorwurf rechnen, Ihr Engagement in der Bürgerschaft sei eine Art Teilzeitjob . . .
Wenn Politiker nur ernst genommen werden, wenn sie nichts anderes als Politik machen, dann läuft was schief. Einblicke aus der Praxis sind bitter notwendig. Deshalb stehe ich dazu, dass es für mich auch noch ein Leben außerhalb des Parlaments geben wird. Wenn jemand daraus einen Vorwurf konstruiert, finde ich das falsch.