Nach einer AOK-Umfrage sind Auszubildende zum Teil in keiner guten gesundheitlichen Verfassung. Nicht selten sind sie dafür selbst verantwortlich. Aber auch die Unternehmen könnten mehr für Prävention tun, kommentiert StZ-Redakteur Matthias Schiermeyer.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Gemessen an der neuesten AOK-Studie zum Gesundheitszustand der Auszubildenden könnte man meinen, dass die Arbeitswelt krank macht. Wenn jeder dritte Azubi häufige körperliche und psychische Beschwerden beklagt, so ist dies zunächst ein Alarmsignal. Nun zählen zu den psychischen Symptomen auch Mattigkeit und Reizbarkeit, Mut- und Lustlosigkeit, was die Umfrageergebnisse schon relativiert. Es ist keineswegs so, dass jeder dritte Azubi ausgebrannt wäre – wie ohnehin das Krankheitsbild „Burnout“ auch deswegen immer häufiger von den Fachleuten attestiert wird, weil die Sensibilisierung für psychische Erkrankungen in der Gesellschaft seit Jahren zunimmt.

 

Anzunehmen, dass die Arbeitswelt den jungen Menschen generell schädigt, wäre also unsinnig. Vielmehr fühlen sie sich eher gesund und leistungsfähig, wenn sie angemessen gefordert und gefördert sowie von Kollegen und Vorgesetzten akzeptiert werden. Dies unterscheidet Lehrlinge nicht von gestandenen Arbeitnehmern. Allerdings kommen hier noch spezifische Aspekte ins Spiel: Wie die Studie zeigt, braucht es vor allem die Motivation der jungen Erwachsenen selbst, ihre Gesundheit zu bewahren. Wer Sport meidet, sein Schlafbedürfnis ignoriert, nachteilige Essgewohnheiten pflegt oder gar Drogen konsumiert, der darf sich nicht darüber wundern, dass er – salopp gesagt – tagsüber in den Seilen hängt und bald auch mit Schmerzen zu kämpfen hat. Nicht selten mangelt es an einer günstigen Vorprägung durch Eltern und Lehrer.

Kriterium bei der Nachwuchssuche

Da hilft auch ein Präventionsgesetz nichts, wie es gerade erst im Juni verabschiedet wurde, wenn die Betroffenen nicht mitarbeiten. Auch die Betriebe sind gefordert. Dort zählt allzu oft noch die Devise, dass Gesundheitsförderung wichtig sein mag, aber auch fast nichts kosten darf. Es gibt relativ wenige, meist große Unternehmen, die die Zeichen der Zeit erkannt haben: Umfassende präventive Maßnahmen lassen sich nicht nur betriebswirtschaftlich rechtfertigen, weil sie Fehlzeiten minimieren, sie können auch ein Kriterium bei der immer schwierigeren Nachwuchssuche sein, denn sie drücken eine Wertschätzung gegenüber dem Bewerber aus.

Auszubildende benötigen eine zielgruppengerechte Ansprache, sonst gehen die Angebote an ihnen vorbei. Auch Betriebsräte und Gewerkschaften müssen dies öfter zu ihrem Thema machen. Dies gilt nicht zuletzt im Hinblick auf den wachsenden Migrantenanteil in der Berufswelt. Gesundheit ist nicht selbstverständlich – alle Beteiligten müssen sich dafür ins Zeug legen.