Jan Fedders verkörpert in dem Familiendrama „Stille“ einen Fernsehmoderator und gibt der Figur viel Format. Dieser Aufmerksamkeits-Junkie kämpft mit der biografischen Abrechnung seines Sohnes. Der Film wird am Mittwoch in der ARD ausgestrahlt.

Stuttgart - In Amerika bilden Filme und Serien über die Kino- und Fernsehbranche fast ein eigenes Genre; hierzulande gibt es solche Produktionen viel zu selten. Das macht „Stille“ um so reizvoller, auch wenn Xaver Schwarzenbergers Verfilmung des gleichnamigen Romans von Tim Parks in erster Linie ein Familiendrama ist. Zentrale Figur ist der von Jan Fedder famos verkörperte TV-Journalist und Talkshow-Gastgeber. Harry Cliewer, vielfach ausgezeichnet, befindet sich auf dem Höhepunkt seiner Popularität. Die Zuschauer lieben ihn, ahnen jedoch nicht, welchen Preis Cliewers Familie für dessen Ruhm zahlen muss. Kein Wunder, dass die biografische Abrechnung seines Sohnes Alex (Florian Bartholomäi) wie eine Bombe einschlägt. Das Buch trägt den Titel „Im Schatten des Allmächtigen“, schildert den Vater als „gierig, geil und geltungssüchtig“ und wirft den stets so unerschütterlich wirkenden Moderator aus der Bahn. Er sorgt für einen letzten Eklat, als er einen Josef Ackermann nachempfunden Banker entgegen der Absprache in seiner Sendung bloßstellt, und zieht sich in die Tiroler Alpen zurück; in die absolute Stille.

 

Nur wenige deutschsprachige Schauspieler wären in der Lage, dem selbstverliebten TV-Star derart viel Format mitzugeben wie Fedder. Geradezu genüsslich spielt er alle Facetten aus, die den egomanischen Moderator zu einer Traumrolle machen. Cliewer, überdies ein unverbesserlicher Schürzenjäger, ist nicht mal unsympathisch, zumal er unter einem nie verarbeiteten Schicksalsschlag leidet: Er hat das letzte Konzert seiner schwangeren Tochter Angela (Anna Fischer) verpasst; kurz drauf ist sie bei einem Autounfall ums Leben gekommen. Entsprechend gewaltig ist die Aufgabe, als er versucht, in seinem alpinen Refugium mit sich ins Reine zu kommen. Ein zotteliger Vierbeiner dient ihm in der abgelegenen Berghütte als Zuhörer für seine selbstironischen Monologe.

Iris Berben als Verbitterte

Dennoch hätte Christian Jeltsch, ein Meister im Erfinden eigener Geschichten (Grimme-Preis für „Einer geht noch“), bei der Adaption von Parks’ Roman ruhig noch rigoroser vorgehen können. Einige Szenen setzt Schwarzenberger (Regie und Kamera) zudem allzu melodramatisch um, andere verfehlen ihre Wirkung, etwa, wenn Iris Berben als Cliewers verbitterte langjährige Lebensgefährtin ebenso lautstark wie vergeblich nach einem Beischlaf verlangt („Fick mich!“). Dass der Sohn fleißig in des Vaters Fußstapfen tritt und erst mit der Mutter (Leslie Malton) seiner todkranken Frau und dann mit einer begeisterten Verehrerin schläft, ist zwar bezeichnend, führt aber gleichfalls vom Zentrum der Geschichte weg.

Der Film ist daher immer dann am besten, wenn er sich auf Fedder konzentriert, der geradezu den Prototyp des Aufmerksamkeits-Junkies verkörpert. Charakteristisch für seine Form der Selbstvergewisserung ist die regelmäßige Suche nach Treffern in einer Suchmaschine und der Genuss des billigen Triumphs, als Sohn Alex trotz des Bestsellers nur auf einen Bruchteil der Zahlen kommt. Weniger gelungen sind die Rückblenden in Alex’ und Angelas Kindheit; die jungen Darsteller wirken ausgesprochen ungelenk. Und der unübersehbare Tippfehler im Rezensionszitat auf den mehrfach gezeigten großformatigen Werbeaufstellern für das Buch („Im Minimun ein Meisterwerk“) ist etwas peinlich.

Rückkehr nach der Krebstherapie

Fedders Leistung aber überstrahlt die Einwände mühelos. Für die zweite gute Nachricht hat der Schauspieler gerade selbst gesorgt: Nach überstandener Krebstherapie ist er bereit für neue Herausforderungen und will so schnell wie möglich ins Team des „Großstadtrevier“ zurückkehren. Wegen des Krebsverdachts hatte er fünf Monate pausieren müssen.