Im Bundesfernstraßenbau möchte der Bund Baden-Württemberg so wenig Geld zu Verfügung stellen, dass laufende Projekte nicht zu Ende gebaut werden können. Alle Neubauprojekte werden wohl auf Eis gelegt.

Stuttgart - Schon bisher hat das Geld für den Bau von allen geplanten neuen Fernstraßen in Baden-Württemberg nicht ausgereicht – nun droht der Bund sogar mit drastischen Kürzungen. Das kann dazu führen, dass – anders als geplant – im Jahr 2014 kein Baubeginn für auch nur eine neue Bundesstraße zustande kommt. Mehr noch: die angekündigten Kürzungen „bedeuten faktisch, dass wir einen Teil der laufenden Baumaßnahmen nicht mehr finanzieren können“, schreibt Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) an seinen Kollegen im Bund, Peter Ramsauer (CSU). Das Land müsste die Arbeiten teilweise unterbrechen oder verzögern. Hermann nennt als Beispiel den laufenden Ausbau der A 8 zwischen Karlsbad und Pforzheim.

 

Weit weniger Geld als erwartet

Hermanns Brief war eine Reaktion auf eine Ankündigung Ramsauers, die es in sich hat. Darin stellt der Bundesverkehrsminister dem Land Baden-Württemberg im Rahmen einer neuen Finanzplanung für den Zeitraum 2012 bis 2016 weit weniger Geld zur Verfügung als erwartet, nämlich insgesamt 450 Millionen Euro. Dabei umfassen schon die laufenden Baumaßnahmen ein Volumen von 900 Millionen Euro.

In den vergangenen zehn Jahren erreichten das Land in diesem Bereich durchschnittlich rund 230 Millionen Euro im Jahr vom Bund. Mit rund 200 Millionen Euro hat man auch für die kommenden Jahre gerechnet. „Das ergab eine realistische Finanzierungsperspektive für Neubeginne vom Jahr 2014 an“, sagt Hermann. Er hatte erstmals nicht nur alle Neubauprojekte gemeldet, sondern auch eine Reihenfolge nach Wichtigkeit vorgelegt und fünf besonders dringende Maßnahmen mit Baubeginn für das Jahr 2014 vorgesehen. Ramsauer erklärt in seiner Antwort, dass er „die vorgeschlagene Zeitschiene bei der derzeitigen Finanzplanung nicht bestätigen“ könne. 2013 sollen dem Land nur noch 108 Millionen Euro, 2014 nur 65 Millionen Euro, 2015 nur 56 Millionen Euro und 2016 nur 61 Millionen Euro zur Verfügung stehen. Festgezurrt werden die Summen bei den Haushaltsberatungen im Herbst.

„Diese Kürzungen kann ich nicht mittragen“

Selbst Teile der CDU wollen Ramsauers Pläne nicht unterstützen. „Kürzungen der Investitionen in den Straßenbau kann ich nicht mittragen“, kündigte der Pforzheimer Bundestagsabgeordnete Gunther Krichbaum (CDU) an. Claus Schmiedel, Fraktionschef der SPD im Landtag, kritisierte: „Wer die Mittel für Bundesstraßen zusammenstreicht, beschädigt die Wirtschaft im ländlichen Raum nachhaltig.“

Die Opposition in Baden-Württemberg hält Hermann vor, mit seiner Abneigung gegen den Straßenbau seine Verhandlungsposition geschwächt zu haben. Der CDU-Landesvorsitzende Thomas Strobl und Steffen Bilger, Mitglied im Verkehrsausschuss des Bundestages, erklärten: „Die Schuld daran dem Bundesverkehrsminister in die Schuhe schieben zu wollen, ist ein durchsichtiges Spiel und schlicht unredlich.“ Landesminister Hermann stecke das vom Bund zur Verfügung gestellte Geld einseitig in den Erhalt und beklage scheinheilig, dass für den Neubau kaum mehr Mittel zur Verfügung gestellt würden.