Ein Ex-Fifa-Funktionär soll das FBI über Korruption beim Fußball-Weltverband informiert haben. Die Ermittlungen unter US-Justiziministerin Lynch ermöglichen einen tiefen Einblick in ein beispielloses System von Bestechung.

Washington - Loretta Lynch ist voll im Thema. Bevor sie vor einigen Wochen US-Justizministerin wurde, leitete die Juristin die Staatsanwaltschaft im New Yorker Stadtteil Brooklyn. Das war genau die Stelle, bei der in den vergangenen drei Jahren die Korruptionsermittlungen gegen Funktionäre des Weltfußballverbands Fifa zusammenliefen. Was Lynch in ihrem neuen Amt nun am Mittwoch als Ergebnis der Untersuchungen präsentierte, lässt einen tiefen Einblick in ein beispielloses System von   Bestechung und Bereicherung zu. Mehr als 150 Millionen US-Dollar sollen geflossen sein.

 

Lynch sagte, mindestens zwei Generationen von Fußball-Funktionären aus aller Welt hätten seit den 90er Jahren ihre Vertrauensstellungen missbraucht, um sich Millionen und Abermillionen in die eigene Tasche zu stecken. „Wir haben die Absicht, solchen korrupten Praktiken ein Ende zu setzen“, sagte Lynch am Mittwoch während einer Pressekonferenz in New York: „Und wir freuen uns auf die Zusammenarbeit mit anderen Staaten.“

Die Verdächtigen sollen an die USA überstellt werden

Dass die Ermittlungen gegen 14 Fifa-Funktionäre und Sportrechtemanager aus der Privatwirtschaft in den USA begonnen haben, hat drei Gründe. Zum einen gibt das US-Gesetz den amerikanischen Ermittlungsbehörden das Recht, gegen mutmaßliche Straftäter aus dem Ausland vorzugehen, wenn etwa US-Banken oder in den USA betriebene Internetserver für die Geschäfte benutzt wurden. Das ist offenbar in den vorliegenden Fällen geschehen. Zum anderen richtet sich der Bestechungsverdacht auch gegen US-Staatsbürger. Und schließlich hat der Fußballverband für Nord- und Mittelamerika Concacaf, dessen Geschäftsräume ebenfalls am Mittwoch durchsucht wurden, seinen Sitz in Miami im US-Bundesstaat Florida. Zu den in Genf verhafteten Funktionären gehört auch der amtierende Concacaf-Präsident   Jeffrey Webb, ehemals Fifa-Vizepräsident, der von den Kaiman-Inseln stammt.

Webb und die anderen in der Schweiz Verhafteten sollen nach dem Willen der US-Behörden möglichst schnell an die USA überstellt werden. Nach der geltenden Vereinbarung zwischen den Regierungen in Bern und Washington müssen die Schweizer Behörden zwar keine Steuerkriminelle in die USA ausliefern. Doch sie hätten eingewilligt, Personen auszuliefern, die allgemeiner Straftaten beschuldigt werden, hieß es am Mittwoch in Washington. In diese Kategorie fallen nach Überzeugung der US-Justizbehörden die Fifa-Funktionäre.

Der Ex-Fifa-Funktionär Chuck Blazer ist die zentrale Figur

Eine der wichtigsten Figuren für die US-Strafverfolgungsbehörden dürfte Chuck Blazer gewesen sein. Der frühere Fifa-Funktionär aus New York war bis 2011 Concacaf-Generalsekretär und hat sich, um einer Gefängnisstrafe wegen Steuerbetrugs zu entgehen, offenbar dem FBI als Informant angedient. Er soll unter anderem mit versteckten Aufnahmegeräten Gespräche von hochrangigen Fifa-Angestellten aufgezeichnet und an die US-Ermittler weitergegeben haben. Blazer galt vor Jahren als wichtigster Fußballfunktionär in den USA. Er machte aus dem Nischensport ein lukratives Business. Blazer war auch bekannt für seinen extravaganten Lebensstil. Er soll nach Medienberichten allein für seine Wohnung in Manhattan 18 000 Dollar Miete pro Monat bezahlt haben. Blazers Spitzname in der Branche war „Mister 10 Prozent“. Er soll vereinbart haben, zehn Prozent von jedem Dollar zu erhalten, den er der Verbandskasse einbringt.