Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Nach etwa 50 Minuten Vortriebsarbeit wird es merklich ruhiger im Tunnel. „Jetzt wird gebaut“, sagt Breidenstein und lotst die Besucher noch etwas weiter vor in Richtung Schild. Die Zylinder haben den vorderen Teil der Maschine um etwas mehr als zwei Meter nach vorne gedrückt, soviel Tunnel ist in der kurzen Zeit ausgebrochen worden. Nun schlägt die Stunde eines Gerätes, das im Fachjargon Erektor heißt und ganz Erstaunliches kann. So hebt es auf engstem Raum elf Tonnen schwere Betonfertigteile an. Aus sieben dieser sogenannten Tübbinge wird ein Ring geformt. Die Betonteile sind untereinander, nicht aber mit dem Berg verschraubt. In den Zwischenraum zwischen Fertigteil und umgebenden Erdreich presst die Maschine eine Mörtelmischung. Die tonnenschwere Tübbinge hebt die Maschine allein mit Hilfe von Unterdruck an. Zwei Tunnelbauer beobachten die Platzierung des Bauteils. Ein dritter dirigiert den Erektor per Fernbedienung. Viel gesprochen wird dabei nicht, und wenn dann in Dialekt: Die Österreicher bleiben auf der Maschine unter sich. Ihre Arbeitgeber haben sich vorübergehend zum „Austrian Tunnel Consortium Stuttgart 21“, kurz Atcost21, zusammengeschlossen. Zehn Tage lang treiben sie in Zehn-Stunden-Schichten den Tunnel voran, dann folgen fünf freie Tage.

 

Kaum haben sich die sieben Tübbinge zum Tunnelring – dem mittlerweile 509. verbauten – zusammengefügt, setzen die mächtigen Hydraulikzylinder an ihnen an, um die Maschine langsam vorwärts zu schieben. Schließlich bleibt noch eine ganze Menge zu tun. Am Schluss soll der Fildertunnel aus zwei je 9468 Meter langen Röhren bestehen. Mit diesen Ausmaßen löst er den Katzenbergtunnel bei Effringen-Kirchen als drittlängsten Tunnel Deutschlands ab. An der Röhre in Südbaden hat Matthias Breidenstein ebenso mitgearbeitet wie auch am neuen Berliner Hauptbahnhof oder der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Frankfurt/Main und Köln.

Echte Züge sollen Ende 2021 im Tunnel verkehren

Den Rückweg treten die Besucher der Maschine zu Fuß an. Gut einen Kilometer lang geht es mit 25 Promille aufwärts in Richtung Tunnelmund auf einem provorischen Gehweg aus Bohlen, der ein paar Meter über dem Boden an die Tunnelwand montiert ist. Unterwegs fährt auch wieder das Bähnlein vorbei. Es holt draußen Nachschub an Tübbingen, die in Bayern gefertigt per Bahn und Lastwagen bis in den Fasanenhof gebracht wurden.

Der orangene Zug wird noch viele Mal pendeln müssen. Erst Ende 2021, so die Pläne der Bahn macht er dann Platz für den ICE Richtung in München und den Regionalexpress gen Bodensee.