Der Filmakademie-Student Johannes Preuss bekommt nächste Woche in Los Angeles den Studentenoscar verliehen. Seine Doku über illegales Goldschürfen in Ghana konnte die Academy überzeugen.

Ludwigsburg - Stundenlang ist Ras-T mit seinen Kollegen in der Hitze mit seiner Schaluppe auf dem Fluss Pra getrieben. In der dreckbraunen Brühe waren sie tauchen, um die klapprigen Motoren und Wasserpumpen zu warten. Den vom Flussgrund aufgewirbelten Dreck haben sie gefiltert, gesiebt und anschließend mit giftigem Quecksilber gewaschen und schließlich erhitzt. Am Ende des Tages halten sie das Ergebnis in den Händen: ein paar reiskorngroße Splitter Gold – zu wenig, um für ihre Frauen und Kinder zu sorgen. Ras-T, noch Junggeselle, will deswegen gar nicht erst eine Familie gründen. „Unsere Arbeit verschmutzt den Fluss. Aber das Gold ist alles, was wir brauchen“, sagt Ras-T. Es folgt eine sehr lange Pause.

 

Es sind unter anderem diese unkommentierten Szenen, die die Dokumentation von Johannes Preuss so sehenswert machen. Der 33-Jährige studiert Fernsehjournalismus an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg und hat mit seinem Film „Galamsey – Für eine Handvoll Gold“ über illegales Goldschürfen in Ghana den Studentenoscar in der Kategorie „Dokumentation“ gewonnen. Er selbst war von der Auszeichnung wohl am meisten überrascht: „Vielleicht in meinen kühnsten Träumen hätte ich gewagt, daran zu denken“, sagt er. Jetzt ist die Freude bei dem Afrika-Kenner natürlich groß.

Peter Scholl-Latour als Vorbild Denn die Dokumentation, die sein erstes Projekt an der Filmakademie war, ist nicht sein erster Berührungspunkt mit Afrika. „In den vergangenen sieben Jahren war ich wohl mehr in Westafrika als in Deutschland“, sagt Preuss. Als Stipendiat im Nachwuchsförderprogramm des Deutschen Entwicklungsdienstes arbeitete er seit 2010 als Berater eines Bürger-Radios in Ghana und war danach als Autor und Produzent von Filmen für Projekte der Entwicklungszusammenarbeit unter anderem in Ghana, Nigeria und Mexiko unterwegs.

Filme haben Preuss immer gereizt, aber auch Politik und Weltgeschehen – da lag der Fernsehjournalismus nahe. Als Vorbild bezeichnet der aus Berlin stammende Preuss die Reporter-Legende Peter Scholl-Latour. Dass er für den Vorgänger der heutigen GIZ (Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit) nach Ghana ging, war für den damaligen Studenten der Politik, Geschichte und Romanistik ein Zufall.

Prahlhanse mit Goldketten Ein Jahr lang war er dort für das Bürger-Radio im Ort Twifu Praso tätig. Er lernte die örtliche Bevölkerung kennen – unter anderen auch Ras-T – und erlebte, wie das damals gerade einsetzende Galamsey den Ort veränderte. Galamsey ist eine ghanaische Wortneuschöpfung aus den englischen Worten gather und sell, also sammeln und verkaufen. Weil die Gewinne internationaler Goldkonzerne nicht in Ghana selbst reinvestiert werden und dort auch nur wenige Mitarbeiter beschäftigt sind, gibt es für die Menschen in der Region nur eine Möglichkeit, mit dem Schatz in ihrem Boden auch Geld zu verdienen: durch illegales Schürfen im Fluss. Dadurch seien plötzlich große Profite möglich gewesen, Prahlhanse mit Goldketten seien plötzlich in dem sonst ärmlichen Dorf herumgelaufen, erzählt Johannes Preuss.

GALAMSEY Trailer (DEU) from Johannes Preuß on Vimeo.

Die 30 Minuten lange Doku erzählt aber noch viel mehr – von Korruption, Umweltverschmutzung, mit Quecksilber vergifteten Fischen und den Goldgräbern, die sieben Jahre nach Beginn des Goldrauschs kaum noch Edelmetall finden. Dazu gibt es Bilder vom erbarmungslosen Raubbau an der Natur, von Mondkraterlandschaften, die mit Dreckwasser geflutet sind und von Männern, die ihre Gesundheit für ein paar Krümel Gold aufs Spiel setzen. Mittendrin ist Preuss, wie er sich als potenzieller Investor ausgibt, nur um überhaupt mit den Goldschürfern mitfahren zu können.

Der nächste Film ist schon in Arbeit Sein nächster Film ist bereits in Produktion. Darin geht es um die Filmindustrie in Nigeria. Abgedreht ist er, fertig geschnitten sein muss er im März 2018 – der Film ist gleichzeitig Preuss` Diplomprojekt an der Filmhochschule. Vorher steht die Verleihung des Studentenoscars am 12. Oktober in Los Angeles an. „Dort kann ich mich mit gutem Gewissen zurücklehnen. Eine Woche lang lass ich es mir gutgehen.“

Der Studentenoscar und die Filmakademie

Ausgezeichnete Johannes Preuss ist nicht der erste Filmakademie-Student, der die begehrte Trophäe gewonnen hat. Vor ihm gab es bereits vier Gewinner: Thorsten Schmid für „Rochade“ (1998), Toke Constantin Hebbeln für „Nimmermeer“ (2007), Thomas Stuber für „Von Hunden und Pferden“ (2012) und Dustin Loose für die „Erledigung einer Sache“ (2015). Seit dem Bestehen der Filmakademie waren insgesamt 14 studentische Produktionen für einen solchen Oscar nominiert.

Auszeichnung Der Student Academy Award wurde im Jahr 1972 von der Oscar-Academy gegründet, um das Filmemachen an Filmschulen zu unterstützen. Ehemalige Gewinner des Studentenoscars haben bislang 46 Nominierungen für den „großen“ Oscar erhalten und achtmal die Trophäe gewonnen. Unter diesen Preisträgern sind die Regisseure Robert Zemeckis, John Lasseter, Trey Parker und Spike Lee.