Herrlich wunderlich waren die Filme des Niederländers Alex von Warmerdam („Noorderlingen“) schon immer. Sein neuer Streich ist aber auch drohend boshaft: eine Mischung aus Landstreicher und Teufel raubt einer begüterten Familie Haus und Sicherheit.

Stuttgart - Wenn Maulwürfe menschliche Schauspieler anheuern könnten, um eine filmische Allegorie über ihren Existenzkampf in unseren Gärten zu drehen, würde der vermutlich so aussehen wie der Anfang von Alex van Warmerdams maulwurfshügelschwarzer Komödie „Borgman“. Eine finster entschlossene Jagdgemeinschaft von Dörflern, unter ihnen der Pfarrer, jagt einen seltsamen Landstreicher aus seinem unterirdischen Versteck, der auf der Flucht weitere Erdlochbewohner aus ihrer Ruhe aufschreckt.

 

So abgedreht und endzeitlich das klingt, der Niederländer Warmerdam, einer der wunderlichsten Köpfe des europäischen Kinos, lässt die Szene mit der Eleganz eines Pokerbetrügers, der Karten tauscht, in vertraute Vorstadteleganz hinüberwechseln. Hier wird der Gejagte namens Borgman (Jan Bijvoet) bei einer Wohlstandsfamilie vorstellig und vom Mann des Hauses (Jeroen Perceval) in einer Aufwallung archaischer Revierverteidigung so zusammengeschlagen, dass die Frau (Hadewych Minis) sich erbarmt und dem Geprügelten einen Unterschlupf verschafft.

Ein Rattenfänger und Hausbesetzer

Damit beginnt eine Invasion des Zuhauses, die Warmerdam mit trocken-grimmigem Humor und virtuosem Motivmix vorantreibt. Biblische Anleihen treffen auf den Rattenfänger von Hameln, Teufelsaberglaube und Sozialkrieg mischen ihre Symbolwelten. Der international viel zu wenig beachtete Regisseur von „Noorderlingen“ legt eine witzigere, ergiebigere, verstörendere Variante von Michael Hanekes „Funny Games“ vor, ohne dessen Oberlehrerhaftigkeit und Zuschauerveräppelung, dafür mit einer sardonischen Botschaft: In einer ungerechten Welt muss man außer mit Gerechtigkeit mit allem rechnen.

Borgman. Niederlande, Belgien, Dänemark 2013. Regie: Alex van Warmerdam. mit Jan Bijvoet, Hadewych Minis, Jeroen Perceval. 113 Minuten. Ab 16 Jahren.