Während die polizeiliche Untersuchung zögerlich voranschreitet, bekommen wir Schnipsel aus Amys Tagebuch serviert, Bilder einer Ehe. Amy war einmal „Amazing Amy“, das Vorbild einer in den Geschichten und am Markt immens erfolgreichen Kinderbuchheldin und der Augenstern gespreizter New Yorker Eltern, also kein Mensch, dem der Umzug in Nicks heimisches Missouri leichtgefallen ist. Man kann Nicks Theorie, da inszeniere eine Unzufriedene ihr eigenes Verschwinden, um sich an ihm zu rächen, nicht gleich verwerfen.

 

Im Lauf des Films sehen wir Nick denn auch in etlichen Szenen jämmerlichen Ausgeliefertseins. Da ist zum Beispiel ein Moment perverser Beschenkung: wie in einem Jungentraum vom ultimativen Geburtstag findet Nick ein neckisches Versteck konsumrauschhaft aufgehäufter Geschenke, alles, was das große Jungenherz begehrt, von der großen Hifi-Anlage bis hin zum überbreiten Flachbildschirm. Alles für ihn, er muss es nicht teilen, und anders als an Weihnachten ist er nicht einer von vielen Beschenkten, sondern der auserwählte Prinz der Warenwelt.

Nur könnte ihn dieser Schatzhaufen in Missouri in die Todeszelle bringen, scheint er doch ein Beleg dafür, dass Nick hinter Amys Rücken weit über seine Verhältnisse eingekauft, aber dreist auf die Lebensversicherungszuahlung hingelebt hat.

Frauen als Teufel

Wie auch immer: der Film steht, wie einst „Fatal Attraction“ und „Basic Instinct“, einer bösen feministischen Lesart offen. Manipulative Frauen, erfundene Vergewaltigungen, psychopathische Machtspiele und mittendrin schutzlose Männer – hier werde, könnte man sagen, die Emanzipation verteufelt. Fragt sich nur, ob man Fincher unterstellen darf, er wolle am Einzelfall ein System erläutern.

Er baut seine gewohnt dunklen Bilder nicht als Marotte, sondern als Bekräftigung einer Aussage auf. In seinen Filmen wie „Seven“, „Fight Club“, „The Game“ und „Panic Room“ geht es um Gefangenschaften in Pflichten, Räumen und Wahnvorstellungen. In „Gone Girl“ geht es nun um all das auf einmal. Es ist die komplette Demontage des Traums von Ehe, Wohlstand, Konsum. Ihr braucht keine Finanzkrise, droht Fincher, ihr seid auch so kaputt.

Ein Beamter hält Nick für einen fischigen Typen, der es zu nichts gebracht hat und sich nun per Abkassieren einer Lebensversicherung versorgen wolle. Die leitende Ermittlerin hat ihre Zweifel. Sie hält für möglich, was Nick beteuert, dass er nämlich durch eine strenge Erziehung konditioniert sei zu lächeln, wenn es ihm schlechtgehe, damit er niemandem die Stimmung vermiese.

Eine Freundin aus dem Nichts

Finchers Film ist eine Mischung aus Thrillerschraubstock und knochentrockener Satire und einer der Krimis des Jahrzehnts. Denn „Gone Girl“ schildert nicht nur anhand von Nicks Kommunikationsproblemen den Verfall früher halbwegs verbindlicher Ordnungen. Es gibt hier keine zwingende Etikette mehr, also ist jede Deutung von Sozialverhalten erlaubt. Es gibt keine Breitenwirkung der seriösen Presse mehr, weswegen der Fall zum Spielmaterial des Fernsehboulevards wird, was die Ermittlungen beeinflusst.

Auch die erzwungenen Rituale des Nachbarschaftslebens sind dahin, deswegen klaffen plötzlich große Lücken im sozialen Netz. Eine Frau aus dem Nobelviertel, die sich der Polizei als Zeugin andient, bezeichnet sich selbst als Amys beste Freundin, der Schlimmes über Nicks gewalttätiges Wesen anvertraut worden sei. Nick indes beteuert, er kenne diese Nachbarin kaum, eine Freundin von Amy sei sie gewiss nicht gewesen.

Ganz nah an der Todeszelle

Während die polizeiliche Untersuchung zögerlich voranschreitet, bekommen wir Schnipsel aus Amys Tagebuch serviert, Bilder einer Ehe. Amy war einmal „Amazing Amy“, das Vorbild einer in den Geschichten und am Markt immens erfolgreichen Kinderbuchheldin und der Augenstern gespreizter New Yorker Eltern, also kein Mensch, dem der Umzug in Nicks heimisches Missouri leichtgefallen ist. Man kann Nicks Theorie, da inszeniere eine Unzufriedene ihr eigenes Verschwinden, um sich an ihm zu rächen, nicht gleich verwerfen.

Im Lauf des Films sehen wir Nick denn auch in etlichen Szenen jämmerlichen Ausgeliefertseins. Da ist zum Beispiel ein Moment perverser Beschenkung: wie in einem Jungentraum vom ultimativen Geburtstag findet Nick ein neckisches Versteck konsumrauschhaft aufgehäufter Geschenke, alles, was das große Jungenherz begehrt, von der großen Hifi-Anlage bis hin zum überbreiten Flachbildschirm. Alles für ihn, er muss es nicht teilen, und anders als an Weihnachten ist er nicht einer von vielen Beschenkten, sondern der auserwählte Prinz der Warenwelt.

Nur könnte ihn dieser Schatzhaufen in Missouri in die Todeszelle bringen, scheint er doch ein Beleg dafür, dass Nick hinter Amys Rücken weit über seine Verhältnisse eingekauft, aber dreist auf die Lebensversicherungszuahlung hingelebt hat.

Frauen als Teufel

Wie auch immer: der Film steht, wie einst „Fatal Attraction“ und „Basic Instinct“, einer bösen feministischen Lesart offen. Manipulative Frauen, erfundene Vergewaltigungen, psychopathische Machtspiele und mittendrin schutzlose Männer – hier werde, könnte man sagen, die Emanzipation verteufelt. Fragt sich nur, ob man Fincher unterstellen darf, er wolle am Einzelfall ein System erläutern.

Er baut seine gewohnt dunklen Bilder nicht als Marotte, sondern als Bekräftigung einer Aussage auf. In seinen Filmen wie „Seven“, „Fight Club“, „The Game“ und „Panic Room“ geht es um Gefangenschaften in Pflichten, Räumen und Wahnvorstellungen. In „Gone Girl“ geht es nun um all das auf einmal. Es ist die komplette Demontage des Traums von Ehe, Wohlstand, Konsum. Ihr braucht keine Finanzkrise, droht Fincher, ihr seid auch so kaputt.

Gone Girl. USA 2014. Regie: David Fincher. Mit Ben Affleck, Rosamund Pike, Kim Dickens, Tyler Perry. 150 Minuten. Ab 16 Jahren.