Gru und seine Minions sind endlich wieder da. In „Ich – Einfach unverbesserlich 2“ droht Gru seine Spitzenposition als internationaler Superschurke zu verlieren. Der zweite Teil ist kein passabler Aufguss des Bekannten, er übertrifft den ersten Teil sogar noch und schafft es doch wieder, für Groß und Klein vergnüglich zu sein.

Stuttgart - Was auch immer an Ressourcen knapp werden könnte, gesellschaftliche Gräben gehören nicht dazu. Die Macher der Computeranimationskomödie „Ich – Einfach unverbesserlich 2“ können es also mit Keckheit wagen, einen solchen Graben Gag um Gag zuzuschaufeln, jenen zwischen Kinderhassern und Familienbegeisterten.

 

Ihre Hauptfigur Gru ist nämlich einerseits ein Knirpsverächter von Graden, ein ehemaliger Superschurke mit Ostblockakzent, der gerührt die Pläne von Weltvernichtungsmaschinen studieren kann, aber schaudert, wenn er emporgereckte Kindergesichter sieht, die Aufmerksamkeit, Lob und Geborgenheit erhoffen. Andererseits ist Gru mittlerweile der Adoptivvater von drei kleinen Gören – und obwohl ein Teil von ihm immer noch davonlaufen möchte, ist der andere schon innig gebunden. Gru ist ein kinderlieber Kinderhasser, was in einer aus dem Leim gehenden Welt des globalisierten Wertewandels tatsächlich keine unvorstellbare Form des alltäglichen Wahnsinns mehr ist.

Nachsitzen im Heimkino lohnt

Wie das zuging, dass aus dem Mann, der einmal den Mond stehlen wollte, ein alleinerziehender Adoptivpapi geworden ist, das erzählt „Ich – Einfach unverbesserlich 2“ natürlich nicht noch einmal. Die gute Nachricht für alle, die den Vorgängerfilm 2010 verpasst haben, lautet: Nachsitzen im Heimkino lohnt. Mit „Despicable Me“, so der Originaltitel, hat sich damals das Trickstudio Illumination Entertainment als neue, Ernst zu nehmende Kraft im US-Animationsgeschäft spektakulär zur Stelle gemeldet. Und die Computeranimation ist immerhin jener Bereich des Popcornkinos, in dem seit längerem ein harter Wettbewerb in Sachen Witz, erzählerischer Substanz und formaler Klasse ausgetragen wird.

Die noch bessere Nachricht für alle aber, auch für jene, die „Einfach unverbesserlich“ gesehen und gemocht haben, lautet: Der Nachfolger ist kein passabler Aufguss des Bekannten, er übertrifft den ersten Teil sogar noch und schafft es doch wieder, für Groß und Klein vergnüglich zu sein.

Noch charmanter und mit mehr Aufgaben betraut als früher wuseln die Minions umher, die kleinen gelben Helfershelfer von Gru. Diese Kerlchen sind die Superschurkenvariante der fleißigen Elfen, die am Nordpol in der Fabrik des Weihnachtsmanns das Kinderspielzeug zusammennageln. Sie sehen zunächst aus wie übergroße gelbe Schaumstoffohrstöpsel mit Latzhose, Mund und Augen. Aber wer ihrem irren Treiben eine Weile zugeschaut hat, denkt vielleicht eher an Nebenwirkungen von Psychopharmaka, die Arme und Beine bekommen haben.

Ein anderer Superschurke taucht auf

Wer politisch ein wenig unkorrekt veranlagt ist, dem könnte auch die Idee kommen, die Regisseure Chris Renaud und Piere Coffin lieferten hier eine politische Karikatur. Veräppeln diese Minions, die Gru umsorgen, Grus Maschinen bemannen und Grus Pläne umsetzen, nicht die einstige westliche Illusion, es gäbe einen riesigen Arbeitsmarkt in Asien, der ewig unsere billige Werkbank sein möchte und sich nie emanzipieren würde?

Gru jedenfalls muss sich hier durchaus mit dem Umsturz alter Ordnungen auseinandersetzen. Ein anderer Superschurke macht sich anheischig, der Welt das Licht auszublasen, und der altgediente Schurkenassistent und Laborchef von Gru verlässt ihn, weil er mit der neuen Friedlichkeit nicht klar kommt. Eine Frau taucht auf, die Gru Avancen macht, obwohl er im Spiegel morgens einen Feind aller Sentimentalitäten und Bindungen sehen möchte. Und die Kinder geraten in Gefahr. Die Schurken in James-Bond-Filmen haben es im Vergleich dazu immer sehr einfach.

Das wäre gewiss alles auch lustig, wenn man es im Takt einer normalen Komödie erzählen würde, also mit einem gewissen Maß an Füllmaterial, Ruhestrecken und Wiederholungen. Dafür aber haben die kreativen Köpfe bei Illumination überhaupt keinen Nerv mehr. In der Körpersprache der Figuren, in den Dialogen, auf der Handlungsebene, an den Rändern der Bilder ist unablässig etwas los.

Keine Pausen, keine Hysterie, keine Gag-Inflation

Es gibt hier keine Pausen mehr, aber auch keine Hysterie, keine Inflation bemühter Gags. So wie das Ausdrucksrepertoire der Figuren bei all ihrer Schrägheit druckvoll die Illusion von Leben erweckt, so wie die 3D-Effekte sinnvoll eingesetzt werden, so fügt sich die Vielzahl der Gags immer zum halbwegs harmonischen Ganzen. Ganz harmonisch darf es freilich nicht sein, das widerspräche der Natur von Gru und den Schabernacken der Minions. Während Pixar mit „Die Monster-Uni“ gerade einen zahmen Film abgeliefert hat, zeigt Illumination Entertainment mit „Ich – Einfach unverbesserlich 2“, wie Animation dem Realkino das Fürchten beibringt.

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