Hooligans gibt es auch in der Türkei. Dieser Dokumentarfilm erzählt von den verfeindeten Fans mehrerer Clubs in Istanbul. Aber es geht nicht nur um Fußball, sondern auch um die blutigen Proteste gegen Erdogans autoritäre Politik.

Verträumte halten das ja für ein idyllisches Bild, wenn Väter mit ihren Söhnen ins Fußballstadion gehen. Der Dokumentarfilm „Istanbul United“ zeigt die weniger idyllischen Seiten, die reale Fankultur. Da stehen die Anhänger von Galatasaray Istanbul, von Fenerbahçe Istanbul und von Besiktas Istanbul fäustereckend auf den Sitzen der Fankurven, ihre Kinder haben sie bei sich, und auch die Kleinen dürfen in die Schlachtgesänge einstimmen, die Zeilen enthalten wie „Wir f. . . eure Mütter“. Was die Szene bricht, ist einerseits die Tatsache, dass auch Mädchen Teil dieser Fankultur sein dürfen, andererseits, dass einige Fans außerhalb des Stadions differenzierter über ihre Leidenschaft sprechen.

 

„Istanbul United“ von Farid Eslam und Oliver Waldhauer wäre also schon als bloße Erkundung der Welt der Fußballliebe sehenswert. Aber es geht auch um einen historischen Moment: um das gemeinsame Auftreten der bis zum Totschlag verfeindeten Fangruppen gegen die Staatsmacht während der Unruhen am Gezi-Park, als der Staat seine gegen Korruption, Willkür und Demokratieaushöhlung aufbegehrenden Bürger niederprügeln ließ. Der Film möchte mehr Hoffnung auf einen großen Wandel machen, als seine Bilder hergeben. Aber als Einblick in eine ganz und gar nicht einig hinter Erdogan stehende Türkei ist er so lehrreich wie aufwühlend.

Istanbul United. Deutschland, Türkei, Tschechien, Schweiz 2014. Regie: Farid Eslam, Oliver Waldhauer. 90 Minuten. Ab 16 Jahren.