Man wird ja gerne alt, aber ungern älter. Das britische Pärchen Nick und Meg reist an einen Ort der Jugend, um sich wieder jung zu fühlen: nach Paris. Der Regisseur Roger Michell („Notting Hill“) mixt dabei sehr gekonnt Wohlfühlkomödie und Lebensbilanzdrama.

Stuttgart - Auf nach Paris! Der etwas bräsige Unidozent Nick (Jim Broadbent) und die aufgeweckte Lehrerin Meg (Lindsay Duncan), ein Paar aus dem unglamourösen Birmingham, wiederholen ihre Hochzeitsreise. Vor dreißig Jahren waren sie in der Stadt an der Seine, jetzt sitzen die beiden wieder im Zug, sie mit unternehmungslustigem Blick, er ängstlich eingequetscht und nach den Euros kramend.

 

Jazz von Miles Davis begleitet die Fahrt, es ist die Musik zu Louis Malles Thriller „Fahrstuhl zum Schafott“. Das Hotel von damals aber wirkt jetzt schäbig, Meg kehrt auf dem Absatz um, Nick zottelt hinterher und staunt, wie sie plötzlich eingemietet sind in der Suite eines Grandhotels. Blick auf den Eiffelturm, Minibar, Schampus. Ein Leben über ihre Verhältnisse.

Anfassen ist nicht drin

Aber in diese luxuriöse Umgebung schreibt der Drehbuchautor Hanif Kureishi („Mein wunderbarer Waschsalon“) nun harsche Szenen einer Ehe ein. „Warum darf ich dich nicht anfassen?“, fragt Nick seine Frau, bittet, fleht und kniet sogar vor ihr, wird aber nicht erhört. Nein, kein Sex. Nick kann ja auch gar nicht mehr oder könnte nur noch ein bisschen, was Meg aber nicht will. Sie beschimpft ihn auch drastisch und schreit: „Idiot.“.

Er dagegen bleibt defensiv, wehrt sich bloß mit Ironie und Sarkasmus. Der Regisseur Roger Michell („Notting Hill“) hat diesen Film inszeniert, ein Spezialist für romantische Komödien, in denen größere Konflikte aufgelöst werden in intelligentem Genrekino. „Le Weekend“ aber spielt hart an der Genregrenze, lugt manchmal hinüber in Richtung Bergman oder Edward Albees „Virginia Woolf?“.

Flüchten macht jung

Meg hasst Nicks Ticks, zum Beispiel seine Geräusche beim Essen. Sogar ihr Kommentar zum Wein („Das Schönste, was ich je in meinem Mund hatte!“) könnte eine Spitze gegen ihren Mann sein. Aber sie weicht dann doch auf bei diesen kulinarischen Genüssen, die allerdings so teuer sind, dass sie Nick zum Zechprellen überredet.

Und plötzlich ist dieses von Jim Broadbent und Lindsay Duncan großartig gespielte Paar auf der Flucht und fühlt sich jung. Überhaupt werden Nick und Meg sozusagen eingewickelt von Paris, werden ihre Streitereien immer wieder unterbrochen durch euphorischen Gleichklang. Man spürt: da ist noch nicht alles verloren.

Radikale Beichte

Dann trifft Nick seinen Studienfreund Morgan (Jeff Goldblum) wieder, der es geschafft hat: höchste Weihen, Fernsehruhm, junge Frau. Hat Nick selber zu wenig aus seinem Talent gemacht? Das Dinner in Morgans riesiger Wohnung nutzt Nick zu einer radikalen Beichte, zu einer Selbstdenunziation in Sachen Beruf, Ehe, Alter und Sex.

Nun steuert dieser Film auf sein Ende zu und auf die Frage, wer sich durchsetzen wird: der Drehbuchautor Kureishi, der das Leben gern so realistisch hart zeigt, wie es sein kann, oder der Regisseur Michell, der es gern so zeigt, wie es sein sollte?

Le Weekend. Großbritannien 2013. Regie: Roger Michell. Mit Jim Broadbent, Lindsay Duncan, Jeff Goldblum. 93 Minuten. Ohne Altersbeschränkung.