Der Bundestag hat die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen verabschiedet. Damit wird der Finanzausgleich zu Gunsten der armen Länder fortgesetzt. Es fehlen aber Anreize. Der Bund wird künftig zum Zahlmeister der Länder, meint Wirtschaftsredakteur Roland Pichler.

Berlin - Die Ministerpräsidenten können ihr Glück kaum fassen. Mehrere Länderchefs haben am Donnerstag im Bundestag das Wort ergriffen, um die Bedeutung des neuen Finanzpakets für den Föderalismus hervorzuheben. Die Zufriedenheit der Länderchefs kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Reform der Bund-Länder-Finanzbeziehungen missraten ist. Was Bund und Länder in dieser Woche parlamentarisch verabschieden, bringt zwar neue Superlative beim Geldverteilen hervor. Von 2020 an wird der Bund den Ländern Jahr für Jahr zehn Milliarden Euro zusätzlich überweisen. Dazu gibt es noch einige Bonbons wie die längere Zahlung des Unterhaltszuschusses an Alleinerziehende und neue Bundesmittel für sanierungsbedürftige Schulen. Doch das eigentliche Ziel hat diese Reform verfehlt: Der Anspruch war, das undurchdringliche Geflecht der Bund-Länder-Finanzbeziehungen wenigstens etwas zu lichten. Davon kann keine Rede sein. Auch künftig bleibt es allein Experten überlassen, sich in diesem Dickicht zurechtzufinden.

 

Die Ministerpräsidenten halten die Hand auf

Damit hat die große Koalition eine Chance verpasst. Wieder einmal ist es den Ländern gelungen, eine Rechnung zu Lasten des Bundes aufzumachen. Der Bund muss künftig mehr Geld in ein Umverteilungssystem einzahlen, das bisher unter der Bezeichnung Länderfinanzausgleich bekannt ist. Auch künftig werden die finanzstarken Länder Bayern, Baden-Württemberg und Hessen viel Geld dafür ausgeben, dass die ärmeren Länder über die Runden kommen. Dennoch gehören die Geberländer zu den Hauptprofiteuren der Neuordnung. Sie werden um Milliardenbeträge entlastet. Das mag für die Bürger im Süden der Republik zunächst nach froher Kunde klingen. Doch bei der Sache gibt es einen Haken: Denn der Bund wird in stärkerem Maß zum Zahlmeister der finanzschwachen Länder. Damit hängen ärmere Regionen bald auch am Tropf des Bundes. Das ist kein Fortschritt. Da das Geld der Steuerzahler unter allen staatlichen Ebenen aufgeteilt wird, bleibt es dabei, dass die Bürger ein undurchschaubares System finanzieren. Bei mehr Ehrgeiz der Ministerpräsidenten wäre hier deutlich mehr möglich gewesen. Die Bundesregierung muss sich vorwerfen, dass sie sich von den Ländern über den Tisch ziehen ließ. Von der ursprünglichen Idee, den Ländern mehr Zuständigkeiten bei der Festlegung von Steuern zu geben und im Gegensatz mehr Haushaltskontrolle einzufordern, ist nichts geblieben.

Zum Kern der Debatte nicht vorgestoßen

Zum Kern der Debatte sind die Verhandlungspartner in den vergangenen drei Jahren nicht einmal ansatzweise vorgedrungen: Es geht um die Frage, welche Anreize der Finanzausgleich den Ländern bietet, ihre wirtschaftliche Lage zu verbessern. Schon die letzte Reform des Finanzausgleichs, die von Anfang 2000 stammt, ließ die Frage unbeantwortet. Auch im neuen Finanzausgleich mangelt es an Belohnung und Sanktionen. Das sind aber die zentralen Elemente. Die reichen Länder dürfen künftig zwar mehr Geld einbehalten. Doch die ärmeren Länder müssen nicht befürchten, mit weniger Mitteln klarkommen zu müssen. Der Bund greift ihnen unter die Arme. Damit bleibt es bei der Vollkaskomentalität. Sicherlich erfordert die Herstellung von annähernd gleichen Lebensverhältnissen in Deutschland Solidarität. Dennoch wäre ein Fordern und Fördern die richtige Antwort.

Dass der Bund so stark in Vorleistung gegangen ist, lässt sich nur damit erklären, dass Einwände des Bundesfinanzministers in wirtschaftlich guten Zeiten leicht überhört werden. Ohne die gute Konjunktur wäre dieses Gesetzespaket nicht möglich gewesen. Der Bund wird die Lasten, die er sich aufgebürdet hat, noch bitter spüren. Der Spielraum für andere Zwecke – ob Investitionen oder Steuersenkungen - wird dadurch kleiner. Das sind aus Sicht des Bürgers keine guten Botschaften.