Die Alfdorfer Traditionsfirma Massopust wechselt den Besitzer – ganz ohne eine feindliche Übernahme, wie betont wird.

Alfdorf - Für Sabine Kaesser ist die Alfdorfer Firma Massopust ein Teil ihrer Familiengeschichte. Als Kind, so erinnert sie sich, habe sie barfuß in dem Betrieb gespielt, der jahrzehntelang in einer ehemaligen Gastwirtschaft neben dem neuen Schloss in Alfdorf produzierte. Ihr Großvater Gustav Massopust gründete die Firma nach dem Krieg als Vertriebener. In den Vitrinen des jetzigen modernen Fabrikationsgebäudes im Alfdorfer Brühlweg finden sich noch jene Schmuckketten, deren metallene Fassungen Massopust damals fertigte – sein Neustart nach der Flucht.

 

Ende August haben Sabine Kaesser und ihr Mann Dietmar die Stanzerei, in welcher 30 Beschäftigte jährlich drei Millionen Euro Umsatz erwirtschaften, verkauft. Allerdings nicht an einen jener Firmenaufkäufer, die wenig langfristige Strategien verfolgten, wie sie betonen. Wer ein Unternehmen verkaufe, bekomme immer wieder solche Anfragen, besonders wenn man, wie die Kaessers es taten, mittels eines Online-Portals nach Investoren suche.

Facharbeiter unerlässlich

Aber das Portal vermittelte jemanden, der offensichtlich anders gestrickt ist: Rainer Thallner, der zuletzt für einen Automobilzulieferer in Rheinau (Ortenaukreis) tätig war und dort mehrere Teilsparten aufgebaut hat. Zusammen mit Frank Schmidt, dem Geschäftsführer einer Firma aus Pirmasens in der Pfalz, sei er auf der Suche nach einer Stanzerei gewesen, erzählt Thallner. Schmidts Firma FWB, die unter anderem Autoschlüssel herstellt, ist in den vergangenen Jahren erheblich gewachsen. Die Stanzteile, die man brauchte, wolle man nun besser selbst herstellen. „Dazu brauchen Sie Facharbeiter“, sagt Thallner.

„Das hat Potenzial“, sei sein erster Eindruck bei der Besichtigung der 2008 errichteten neuen Produktionshalle von Massopust gewesen. Die Firma ist ganz sicher kein Sanierungsfall gewesen. In der Stanzerei herrscht nicht das Chaos einer kleinen Metallwerkstatt, sondern eine wohlsortierte Ordnung. Ungefähr 20 Facharbeiter, vornehmlich sind es Frauen, bedienen dort die Maschinen. Sorgfalt ist im Stanzereigewerbe Trumpf, immerhin werden hier heutzutage auch Kleinteile für elektronische Komponenten gefertigt.

Auf Augenhöhe kooperieren

Für Thallner stimmte daher vieles – vor allem passte die Produktpalette zu dem, was sein Kompagnon in Pirmasens brauchte. „Wichtig war uns, auf Augenhöhe zu kooperieren“, sagt wiederum Sabine Kaesser. Sie habe aus ihrer Familiengeschichte das Verantwortungsbewusstsein, dass eine solche Firmenübergabe in geregelten Bahnen verlaufen solle – eben das Gegenteil von einer feindlichen Übernahme.

Die Beschäftigen hätten den Verkauf positiv aufgenommen, sagt Sabine Kaesser. Der neue Geschäftsführer habe sich ihnen beim Sommerfest vorgestellt. Thallner kündigte an, dass er die Firma ausbauen und um rund 60 Prozent wachsen lassen wolle. Um bis zu zwei Millionen Euro solle der Umsatz steigen. Eine Erweiterungsmöglichkeit auf dem Grundstück gebe es.

Der gebürtige Badener muss jetzt allerdings noch eine Anpassungsleistung vollbringen: im Schwäbischen heimisch zu werden. Als Nächstes wolle er das Hotelzimmer mit einem Appartement tauschen, das auf den Bürotrakt von Massopust aufgestockt wird, kündigt er an. Vielleicht werde auch, wenn seine Tochter in einigen Jahren ausziehe, ein Nachzug seiner Frau angepeilt – damit dann das Wochenendpendeln nach Baden ein Ende habe.