In den Landkreisen Lörrach und Emmendingen erhalten vor allem Flüchtlinge vom Westbalkan Prämien, wenn sie freiwillig in ihre Heimat zurückkehren. Die Stadt Stuttgart sieht das kritisch. Man befürchtet Drehtüreffekte.

Familie/Bildung/Soziales: Viola Volland (vv)

Stuttgart - Rückkehrprämien für die freiwillige Ausreise hat die Stadt Stuttgart bisher nicht an Flüchtlinge gezahlt – und hat das derzeit auch nicht vor. Wie berichtet, haben die Kreise Lörrach und Emmendingen diese Art von Belohnung eingeführt, um vor allem Menschen aus den Balkanstaaten dazu zu bewegen, in ihre Heimatländer zurückzukehren. Im Kreis Lörrach kann eine dreiköpfige Familie, die ausreist, auf 1858 Euro kommen. Die Erfahrungen mit der Prämie sollen bisher positiv sein.

 

„Nicht ein Mittel der ersten Wahl“

Für den Stuttgarter Sozialamtsleiter Stefan Spatz ist die Prämienzahlung „nicht ein Mittel der ersten Wahl“. Er befürchtet, dass Drehtüreffekte eintreten oder noch mehr Menschen kommen könnten als bisher. „Ich sage aber nicht, dass wir nicht da darüber reden können“, schränkt er ein. Dennoch: Seiner Ansicht nach sollten Mittel besser gezielt eingesetzt werden, statt Kopfprämien zu zahlen. Diesen Weg verfolge man auch in Stuttgart: Für kranke Menschen spiele zum Beispiel die Sicherung der medizinischen Versorgung eine Rolle – hierbei helfe die Rückkehrberatung, indem sie zum Beispiel schaue, welches Krankenhaus die Behandlung übernehmen könnte. „Die Rückkehrberatung ist uns ein ganz großes Anliegen“, betont Stefan Spatz. Die Arbeitsgemeinschaft Dritte Welt (AGDW) übernimmt diese Aufgabe in Stuttgart für die Landeshauptstadt.

Vergangenes Jahr wurden laut dem aktuellen Flüchtlingsbericht rund 180 Personen aus 24 verschiedenen Ländern beraten, 177 wurden bei der Rückkehr in ihre Heimat unterstützt. Im ersten Quartal 2015 kamen bereits 121 Menschen in die Beratung der AGDW, davon reisten 42 in neun Länder aus. Mit ihrer freiwilligen Rückkehr kommen Asylbewerber ohne Chance auf ein Bleiberecht der Abschiebung zuvor.

„Die Leute wollen nicht abgeschoben werden, weil sonst im Pass ein Sperrvermerk eingetragen wird, dass sie nicht wieder einreisen dürfen – diese Chance wollen sie sich nicht verbauen“, ist die Erfahrung von Gabriele Kämper-Bürger, die in der Rückkehrberatung der AGDW arbeitet.

Rückkehrprämie könne zu Missbrauch verleiten

Auch sie sieht die Prämienzahlung skeptisch. Die Rückkehrprämie könne zu Missbrauch verleiten, meint die Pädagogin. Falls die Menschen erneut einreisten, zöge das zudem einen erheblichen Verwaltungsaufwand nach sich. Wer wieder nach Deutschland komme, werde dem Stadt- oder Landkreis zugewiesen, der schon das erste Mal zuständig gewesen sei. Auch im Kreis Lörrach ist es so, dass die Menschen die erneut Asyl beantragen, das erhaltene Geld zurückerstatten müssen. Bei sechs bis sieben Prozent soll dies der Fall sein.

In Stuttgart stammen aktuell 80 Prozent der Menschen, die die Rückkehrberatung aufsuchen, aus dem Westbalkan. Bei ihnen würden nur die Fahrtkosten für den billigsten Reiseweg übernommen, in der Regel per Bus, so Gabriele Kämper-Bürger. Das gelte aber „nur bei der ersten Ausreise“. Viele reisten dennoch wieder ein: 30 bis 40 Prozent der Asylbewerber aus dem Westbalkan, die zu ihnen in die Beratung kommen, seien zum zweiten Mal da. Sie bekämen dann nichts mehr angeboten.