Ein Hoffnungsschimmer für Flüchtlinge im Kirchenasyl: Heikle Fälle werden erneut geprüft. Die verschärften Abschieberegeln liegen auf Eis.

Berlin - Die Bundesregierung und die christlichen Kirchen haben sich auf einen Kompromiss im Streit über das Kirchenasyl verständigt. Künftig sollen heikle Asylfälle noch einmal gesondert mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge verhandelt werden, bevor Kirchengemeinden die betroffenen Flüchtlinge in Obhut nehmen.

 

Im Gegenzug hat sich der Staat bereit erklärt, die Frist, innerhalb der Flüchtlinge abgeschoben werden können, vorerst nicht zu verlängern. Das bezieht sich auf die so genannte Dublin-III-Verordnung, die innerhalb der EU regelt, welcher Staat für die Prüfung eines konkreten Asylantrags zuständig ist. Die Verordnung besagt, dass höchstens sechs Monate bleiben, um Flüchtlinge in die jeweils zuständigen Länder abzuschieben. Diese Frist sollte auf 18 Monate verlängert werden. Kirchenasyl soll Flüchtlinge während dieser Zeit davor schützen, abgeschoben zu werden.

Kirchenasyl ist „keine rechtliche Institution“

Laut Bundesinnenministerium wird „die Tradition des Kirchenasyls an sich nicht in Frage gestellt“. Umgekehrt hätten die Kirchen anerkannt, dass es sich bei dem Kirchenasyl um „keine rechtliche Institution“ handle, schon gar nicht um eine, die über den Gesetzen stehe, sondern um eine „christlich-humanitäre Tradition“. Dies teilte am Freitag Martin Dutzmann mit, der Bevollmächtigte des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). „Kirchenasyl ist für uns immer ultima ratio“, bekräftigte Karl Jüsten, Leiter des Katholischen Büros in Berlin. Mit dem Kirchenasyl werde nicht das Ziel verfolgt, eine systematische Kritik am Europäischen Asylrecht zu üben. Kirchenasyl wird laut Innenministerium „nur bei im individuellen Einzelfall begründbaren und belegbaren besonderen Härten“ geduldet.

226 Gemeinden bieten 441 Flüchtlingen Obhut

In solchen Ausnahmefällen streben die Kirchen und das Bundesamt für Flüchtlinge nun eine „lösungsorientierte Einzelfallprüfung“ an. Dieses Verfahren solle bis Herbst erprobt werden. „Ich begrüße es sehr, dass die Kirchen sich deutlich zum Geltungsvorrang staatlichen Rechts bekennen“, sagte Innenminister Thomas de Maizière (CDU). Sie hätten akzeptiert, dass Abschiebungen in andere Mitgliedsstaaten der Europäischen Union „keinen ausreichenden Anlass für die Gewährung von Kirchenasyl“ biete.

Aktuell genießen 441 Flüchtlinge in 226 Gemeinden Kirchenasyl. Nach Auskunft des EKD-Vertreters Dutzmann sei dies nur bei „unzumutbaren Härten“ und drohenden Menschenrechtsverletzungen zu tolereieren. Der baden-württembergische CDU-Vorsitzende Thomas Strobl begrüßte den Kompromiss. Man sei sich „völlig einig, dass über das Asyl in Deutschland nach staatlichem Recht entschieden wird“. Zugleich seien sakrale Räume aber besonders zu respektieren.