Wer begreifen will, warum ein einzigartiges Denkmal der Industriegeschichte verschwinden soll, muss eintauchen in die Welt der Gutachten, Expertisen und Stellungnahmen. Er stellt dann fest, dass die wirtschaftlichen Interessen der Energiedienst AG erhaben über allem anderen stehen. Und diese wirtschaftlichen Interessen konnten nur durchgesetzt werden, indem die Interessen des Naturschutzes berücksichtigt wurden. Gegen diese ökonomisch-ökologische Allianz hat der Denkmalschutz keine Chance.

Für den Neubau quer zum Fluss muss die Hälfte des sogenannten Gwilds weichen. Das Gwild ist eine Felsformation aus Hauptmuschelkalk mitten im Rhein mit Wasserfällen und Stromschnellen. Lange Zeit war seine Beseitigung für die Schweiz und die Naturschützer beiderseits des Rheins ein "nicht hinnehmbarer Eingriff" in die Landschaft. Dann lohnte es sich doch wieder, auf regenerative Energien zu setzen. Für die Dezimierung des Gwilds musste ein Ausgleich geschaffen werden. Herausgekommen ist eine naturnahe Nachahmung auf deutscher Seite.

Parallelen zu Stuttgart 21


Jahre dauerte das Gefeilsche zwischen Behörden, Naturschützern und den Betreibern. Bis schließlich 65 Ausgleichsmaßnahmen für insgesamt zehn Millionen Euro ausgehandelt waren. Einen Plan, wie auch das alte Kraftwerk erhalten werden könnte, gab es hingegen zu keinem Zeitpunkt.

Die Auseinandersetzung weist viele Parallelen zu einem anderen Großprojekt auf: Stuttgart 21. Auch wenn der Widerstand im Vergleich mit der Landeshauptstadt am Hochrhein bescheiden geblieben ist, erleben auch hier Bürger die Mechanismen von Politik und Bürokratie als intransparent und nicht nachvollziehbar. Dem Staat geht es um die Verlässlichkeit des Rechtsstaats und das Funktionieren der repräsentativen Demokratie. Das betonten die Landesministerin Tanja Gönner (CDU/Verkehr), der Landesminister Ernst Pfister (FDP/Wirtschaft) und die CDU-Ministerpräsidenten Günther Oettinger und Stefan Mappus in ihren Absagebriefen und Stellungnahmen. Gemeinsam ist ihnen, dass sie nichts für das alte Kraftwerk tun können, so sehr sie das auch bedauern.