Nun haben Bund und Länder eine gewisse Übung darin, die andere Seite reich und sich selbst arm zu rechnen. Beide tun das mit Geschick. Die Länder aber können Folgendes mit Recht geltend machen: Der Bund profitiert seit einigen Jahren von der guten Lage auf dem Arbeitsmarkt. Das schont den Bundeshaushalt, und das kommt auch den Sozialversicherungen zu Gute, über welche die große Koalition in Berlin ihre Wohltaten in Vermeidung von Steuererhöhungen finanziert.

 

Die Länderhaushalte dagegen sind ziemlich starre Verwaltungs- und Personalhaushalte. 42 Prozent des baden-württembergischen Etats decken die Gehälter, Pensionen und Krankheitskosten der Landesbeschäftigten ab. Vor allem die Ausgaben für die Pension steigen rasant. Die Länder sehen sich in die Legitimationskrise rutschen, wenn sie grundlegende Aufgaben nicht mehr erfüllen können – wenn Landstraßen vor Löchern nur so strotzen oder der Schulunterricht ständig ausfällt. Sachsen-Anhalts Finanzminister Jens Bullerjahn (SPD) sagt: „Theoretisch kann man immer noch mehr sparen, praktisch geht allerdings irgendwann die gesellschaftliche Akzeptanz verloren.“

Kretschmann mischt sich ein

CDU und SPD versprechen in ihrem Koalitionsvertrag eine Kommission, welche die föderalen Finanzbeziehungen neu ordnen soll – unter Einschluss des Länderfinanzausgleichs sowie des Solidaritätszuschlags. In seiner Rede zu 60 Jahren Landesverfassung verlangte der Stuttgarter Regierungschef Winfried Kretschmann unlängst, die Länder müssten „in die Lage versetzt werden, ihre Kompetenzen wahrzunehmen und ihre Aufgaben erfüllen zu können“. Kretschmann bezog sich dabei auf Artikel 106 des Grundgesetzes, in dem es heißt: „Die Deckungsbedürfnisse des Bundes und der Länder sind so aufeinander abzustimmen, dass ein billiger Ausgleich erzielt, eine Überbelastung der Steuerpflichtigen vermieden und die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet gewahrt“ werde. Die Bundespolitiker betrachteten, sagte Kretschmann, das Aufkommen aus den Gemeinschaftsteuern (Einkommen-, Körperschaft- und Umsatzsteuer) gerne als ihr Eigentum, von dem sie notgedrungen den gierigen Ländern etwas abgäben. Dies sei eine Fehlinterpretation: „Die Gemeinschaftsteuern heißen nicht nur so, sie sind es auch“, sagte Kretschmann. Will heißen: Die Länder hätten dasselbe Anrecht darauf, die Steueranteile seien den Aufgaben entsprechend zu verteilen. Mit ein bisschen mehr vom Umsatzsteuerkuchen wäre den Ländern schon deutlich geholfen. Die Frage ist nur, ob der Bund versucht, über Staatsverträge Einfluss darauf zu gewinnen, wie die Länder das zusätzliche Geld verwenden.