Eine Reform des Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) wird von vielen verlangt. Trotzdem: Obwohl Minister Altmaier auf Wünsche der Umweltverbände eingeht, reagierten diese entsetzt – ein Blick auf die Vorschläge.

Stuttgart - Wenn Kritiker des 2000 von Rot-Grün beschlossenen Erneuerbaren-Energie-Gesetzes (EEG) etwas Emotionen wecken wollen, bringen sie das Beispiel von Daniel Küblböck – einst Teilnehmer bei „Deutschland sucht den Superstar“. Der ließ Solaranlagen aufstellen und wurde damit angeblich Millionär. Die SPD habe ihn reich gemacht, hat Küblböck einmal gesagt. Nun gut, wenn es der Umwelt hilft, könnte man hinzufügen. Aber längst werden bei der Energiewende und der Förderung des Öko-Stroms Verwerfungen sichtbar. Investoren setzen auf Windparks, obwohl der Netzanschluss gar nicht gewährleistet ist. Solaranlagen werden immer billiger, trotzdem wird ihr Strom hoch subventioniert. Und zwar durch den Stromkunden über die EEG-Umlage – den Ökostrom-Soli.

 

Umweltminister Peter Altmaier spricht von einer „Notbremse“, man brauche eine Strompreis-Sicherung. Es sei klar gewesen, dass die Energiewende nicht zum Nulltarif zu haben sei, aber es sei ein Geburtsfehler des EEG gewesen, dass man keine Kostenobergrenzen festgelegt habe. Privatleute, Handwerk und Industrie sorgten sich um den hohen Strompreis. Binnen sieben Jahren sei die EEG-Umlage von 0,88 Cents (2006) auf 5,28 Cents (2013) angestiegen. Altmaier macht auf eine Paradoxie aufmerksam: Von den heute 16 Milliarden Euro an EEG-Umlage entfalle der Löwenanteil auf Bestandsanlagen. Selbst wenn der Ausbau der Erneuerbaren zum Stillstand komme, könnte durch die sinkenden Börsenstrompreise die EEG-Umlage kräftig ansteigen. Denn den Öko-Stromern muss die Differenz zum Börsenpreis erstattet werden.

2013 und 2014 soll die EEG-Umlage eingefroren werden

Nein, sie ist betroffen. Noch macht Altmaier nur Vorschläge, aber das konkret: 2013 und 2014 soll die EEG-Umlage eingefroren werden. Für die folgenden Jahre soll ihr Anstieg auf 2,5 Prozent im Jahr begrenzt werden. So soll Geld eingetrieben werden: Erstens müssen Investoren beim Neubau von Solaranlagen oder Windrädern damit rechnen, dass die Einspeisevergütung für den Öko-Strom ein paar Monate später erfolgt. Das soll 500 Millionen Euro bringen. Zweitens werden die Privilegien stromintensiver Betriebe gekappt: Sie sollen eine höhere Mindestumlage zahlen, die Menge ihres „begünstigten Stroms“ wird gedeckelt. Das bringe weitere 500 Millionen Euro und sei vertretbar, sagt Altmaier. Die Industrie profitiere vom seit 2011 gefallenen Börsenstrompreis.

Ja, sie werden. Denn das Umweltministerium treibt eine Sorge um. Die Solaranlagen sind so billig geworden, dass vielerorts auch Supermärkte und Bauhausketten ihre Dächer mit Solarzellen pflastern – im Sommer bringen die Anlagen günstigen Öko-Strom für die Kühlaggregate. „Da rollt eine Welle auf uns zu“, heißt es im Umweltministerium. Eigener Solarstrom sei vielfach schon billiger als der von einem Netzbetreiber. Auch die Erzeuger und Verbraucher von ökologischem Eigenstromer sollen künftig bei Neuanlagen mit einer Mindestumlage für den Ökostrom-Soli belastet werden. Bei Altfällen soll es Übergangslösungen geben. Aber die Stoßrichtung ist klar: Alle Stromverbraucher, auch die ökologischen, sollen in einem vertretbaren Maße die Energiewende mitfinanzieren. Man müsse eine weitere „Entsolidarisierung“ bestimmter Stromverbraucher verhindern, heißt es im Ressort von Peter Altmaier.

Befristet Energie-Soli von Betreibern alternativer Stromkraftwerke verlangen

Im Prinzip ja, aber es gibt ein Aber: Das Bundesumweltministerium unterscheidet fein zwischen einmalig wirkenden Maßnahmen, die auf jeden Fall wirken, sowie anderen Eingriffen, die im Bedarfsfall vorgenommen werden und wie „ein System automatischer Stabilisatoren“ für die Energiewende wirken sollen. Dazu zählt die Möglichkeit, befristet einen Energie-Soli von den Betreibern alternativer Stromkraftwerke zu verlangen. Dies könnte eine geringe Vergütungskürzung für den Öko-Strom sein. Wegen der hohen Zahl von Anlagen könnten da Einnahmen von 300 Millionen Euro eingespielt werden. Allgemein stellt das Ministerium aber fest: „Für Bestandsanlagen bleibt es grundsätzlich beim Vertrauensschutz.“ Auch ein anderes Mittel soll nur bei Bedarf greifen: Die sogenannte Liquiditätsreserve, die die vier deutschen Verwalter des EEG-Kontos – die Übertragungsnetzbetreiber – erhalten, könnte um drei Prozent gesenkt werden. Mit dieser Reserve wird den Netzbetreibern vergolten, dass sie zeitweise in finanzielle Vorleistungen gehen müssen.

Eigentlich hat Altmaier Forderungen der Umweltverbände erfüllt, etwa die Aufhebung von Privilegien für die Industrie. Dennoch hagelte es gestern Kritik der Verbände. Allgemeiner Tenor: Investoren in Wind- und Solarenergie werde die Planungssicherheit genommen, Altmaiers Vorstoß sei ein „Schnellschuss“ und „Wahlkampfgetöse“. Das sei ein „Ausstieg aus dem erfolgreichen EEG“, meinte Andree Böhling von Greenpeace. Gerd Rosenkranz von der Deutschen Umwelthilfe sieht für Investoren künftig Hürden, Kredite von Banken zu erhalten. „Man wird nicht mehr wissen, welche Vergütung man erhält.“ Der Vorstoß mache die Investition in Erneuerbare „unattraktiv“. Dass er Öko-Stromer mit Energie-Soli und Mindestumlage zur Kasse bitten wolle, sei „ein Trick“, nachträglich die Vergütung zu senken. Der Bundesverband Erneuerbare Energie kritisierte, dass Altmaier allein auf die EEG-Umlage ziele. Die sei kein Preisschild mehr für die Kosten der Erneuerbaren Energien, sondern hänge von den Börsenstrompreisen und den CO2-Zertifikate-Preisen ab.

Korrektur, 30. Januar, 12:32 Uhr: In einer früheren Version des Textes wurde behauptet, Daniel Küblböck habe bei "Deutschland sucht den Superstar" gewonnen. Das ist nicht korrekt. Küblböck hat bei der Show nicht gewonnen.