Die IG Metall strebt in der nächsten Tarifrunde fünf Prozent mehr Lohn an. Die Arbeitgeber halten dies für realitätsfremd, weshalb ihnen Bezirksleiter Roman Zitzelsberger vorwirft, sich arm zu reden. Sie hätten „keinerlei Grund zum Jammern“.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Stuttgart - Obwohl es in der nächsten Metalltarifrunde lediglich um die reine Lohnzahl geht, könnten Gewerkschaft und Arbeitgeber heftig aneinandergeraten. Fünf Prozent höhere Entgelte will die IG Metall fordern, darauf hat sich die Große Tarifkommission im Bezirk Baden-Württemberg verständigt.

 

Bezirksleiter Roman Zitzelsberger erwartet eine harte Tarifrunde. „Das wird kein Spaziergang“, sagte er. Die Arbeitgeberseite habe sich frühzeitig aufgestellt und „leckt teilweise noch Wunden der vergangenen Tarifrunde“, was er nur bedingt nachvollziehen könne. Klar habe sie sich gegen deutliche Lohnsteigerungen ausgesprochen. „Jetzt versucht sie mit allen möglichen Botschaften, sich selbst armzureden“ – so als ob der Niedergang der deutschen Wirtschaft bevorstünde.

In 14 Redebeiträgen, berichtete der Bezirkschef, sei in der Tarifkommission eine große Bandbreite abgedeckt worden. Durchweg sei die Fünf-Prozent-Forderung „aus baden-württembergischer Sicht für mehr als gerechtfertigt“ angesehen worden. Einzelne hätten geraten, darunter zu bleiben, doch habe die Mehrheit gesagt: „Die Fünf muss stehen, um das deutliche Signal zu setzen: Wir befinden uns nicht bei einer Armutsveranstaltung.“ Solidarisch hätten sich Betriebsvertreter gezeigt, die gerne 5,5 Prozent wie in der vorigen Tarifrunde gesehen hätten – um damit zu dokumentieren, dass die IG Metall von der gleichen wirtschaftlichen Stabilität ausgehe.

Für Südwestmetall das „völlig falsche Signal“

Allerdings lag die Prognose für die gesamtwirtschaftliche Produktivität damals bei bis zu 1,5 Prozent. Diesmal wird mit 1,0 Prozent ein wenig tiefer gestapelt. Diese Differenz führt laut Zitzelsberger zu der etwas moderaten Forderungshöhe. „Zudem wissen wir, dass das eine oder andere Unternehmen nicht mehr ganz so ,performt‘“, fügte er an. Wegen globaler Krisen sowie diverser Risiken etwa in China und auf den Rohstoffmärkten gebe es eine „gewisse Volatilität“ in der Wirtschaftsentwicklung der Unternehmen.

Als „jenseits der Realität“ bewerten die Arbeitgeber die fünf Prozent – sie seien das „völlig falsche Signal“, tadelte Südwestmetall-Chef Stefan Wolf. Die Empfehlung der IG Metall werde „nicht einmal ansatzweise den strukturellen Kostenproblemen gerecht, die uns massiv drücken, und passt nicht zu den zahlreichen aktuellen Konjunkturrisiken“. Die Geschlossenheit im Arbeitgeberlager werde dadurch noch erhöht. Es sei die „falsche Zeit für Höhenflüge“, mahnte Wolf. „Wir müssen jetzt dringend Maß halten, um im Inland Standorte und Beschäftigung sichern zu können.“

Umstrittene Begründung mit der Zielinflationsrate

Dem Verbandschef passt das ganze Argumentationsmuster nicht. Dass die IG Metall ihre Forderung erneut vor allem mit der Zielinflationsrate der Europäischen Zentralbank (EZB) in Höhe von zwei Prozent begründet, obwohl die reale Preissteigerung derzeit bei 0,5 Prozent liegt, hält Wolf für abwegig. Für die Betriebe habe die Zielinflationsrate keine Relevanz. Zitzelsberger hält dagegen: „Stabilität hat auch etwas mit einer Preissteigerungsrate von knapp unter zwei Prozent zu tun“, sagte er. Und wenn schon die Hüter der Finanzmärkte mit ihrer Zinspolitik „nicht dazu beitragen können, eine gewisse Inflation auf die Reihe zu kriegen, dann wäre es geradezu fahrlässig, wenn wir als Tarifvertragsparteien mit einem solchen Gewicht in der Ökonomie hier Zurückhaltung üben würden“. Deshalb sei es neben einer notwendigen Stärkung der Kaufkraft und der Mehrleistung der Arbeitnehmer auch „ein Gebot der gesamtwirtschaftlichen Vernunft“, die Zielinflationsrate der EZB weiterhin zur Begründung heranzuziehen.

Die IG Metall will sich in dieser Tarifrunde wie nie zuvor die tarifungebundenen Unternehmen vornehmen. „Wir wollen die Norm für den Wert der Arbeit in Deutschland insgesamt setzen“, sagte der Bezirksleiter. Dies sei „kein PR-Gag, sondern der Beginn einer Kampagne, um die Tarifbindung zu stärken“. Wenn man ausgewählten Betrieben die Tarifforderung stelle, werde man aber nicht mit den „allerdicksten Brettern“ beginnen, sondern eher dort, wo die Gewerkschaft schon Einfluss habe.