Auf seiner Lieblingsrennstrecke in Belgien feiert der Formel-1-Rekordweltmeister Michael Schumacher sein 20-jähriges Fahrerjubiläum.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Spa - Nach der Sommerpause gerät der WM-Kampf in den Hintergrund, es wird gefeiert: Vor 20 Jahren gab Michael Schumacher in den belgischen Ardennen sein Formel-1-Debüt. Damals war Sebastian Vettel noch im Sandkasten zu Gange. Also wird dem ewigen Schumi dieser Tage in Spa-Francorchamps, das er auch heute noch sein Wohnzimmer nennt, gehuldigt. Die Szene verneigt sich vor ihm. Eine riesige Torte überreicht ihm das belgische Fernsehen, einen goldenen Helm bekommt er vom Hersteller Schuberth - und die Schulterklopfer kommen aus allen Ecken angerannt.

 

Im Team von Eddie Jordan durfte der Jubilar im August 1991 sein Debüt geben. Deshalb ist es als missglückte Punktlandung zu bezeichnen, dass Jordan ausgerechnet vor den Feierlichkeiten als ungehobelter Kommentator in Erscheinung tritt - und Schumacher in die Pfanne haut. "Der alte Sack sollte endlich aufhören", zitiert das britische Boulevardblatt "The Sun" den ehemaligen Teamchef aus Irland. Schumachers Managerin Sabine Kehm konterte die Beleidigung einigermaßen entspannt: Es sei schön für Jordan, dank Schumacher in den Medien Gehör zu finden.

"Im Leben musst du manche Fehler machen"

Gehör verschaffte sich ihr Chef derweil in der illustren Runde der ersten Pressekonferenz an der Rennstrecke. Er saß neben dem WM-Führenden Vettel und anderen jungen Burschen, die allesamt lauschten, als der PS-Veteran über das Leben sinnierte. "Wenn ich bedenke, was ich alles tat. Sicher würde ich gewisse Dinge anders machen, aber im Leben musst du manche Fehler machen, um zu verstehen, dass es Fehler waren", sprach Schumacher, zog aber eine positive Bilanz.

"Alles in allem denke ich, dass die Weste, die ich im Inneren trage, ziemlich weiß ist. Damit bin ich recht zufrieden", sagte der 42-jährige Großmeister des PS-Sports, der immer auch polarisierte. Einerseits bewundert als Supermann, zum anderen aber auch bekannt als Gegner, der sich mit harten Bandagen Respekt verschaffte - und ihn sich auch noch in seiner zweiten, weniger erfolgreichen Karriere bei Mercedes zu verschaffen versteht. Im vergangenen Jahr drückte er seinen ehemaligen Teamkollegen Rubens Barrichello in Budapest fast an die Wand. Ein Manöver am Rande des Wahnsinns.

Kurioser Start in Spa

Gute Zeiten, schlechte Zeiten - beides gehört zu Michael Schumachers beispielloser Karriere. Kurios hatte damals in Spa alles angefangen. Sein früherer Manager Willi Weber besorgte bei Sauber-Mercedes, wo der junge Rheinländer in der Sportwagen-WM mitfuhr, 150 00 Pfund, die Jordan für den einmaligen Auftritt verlangte. Der Debütant aus Kerpen raste auf den siebten Startplatz und nutzte damit seine Chance. Im Rennen musste er seinen Wagen allerdings nach wenigen Kurven abstellen, weil die Kupplung den Geist aufgab. Der alte Knauser Jordan baute 1991 Aluminiumkupplungen ein, die er umsonst bekam, weil sie keiner mehr wollte.

Beinahe wäre es gar nicht zu seinen ersten Runden gekommen. Ein Geschäftspartner forderte Geld von Jordan, tauchte mit dem Gerichtsvollzieher im Fahrerlager auf und verlangte nach dem Scheck. Hätte der Formel-1-Boss Bernie Ecclestone damals nicht schnell Geld gesammelt, um die Schulden zu begleichen, wären Jordans Autos in der Garage geblieben. All diese Geschichten von Schumachers "erstem Mal" wandern zurzeit durch das Fahrerlager, man erinnert sich, verklärt ein wenig - und sucht die Jugendherberge im belgischen Dörfchen Ster auf, wo der junge Rennfahrer und sein Manager Weber unter hygienisch bedenklichen Umständen nächtigten.

Es sollten sieben gewonnene Weltmeisterschaften folgen, Krisenjahre bei Ferrari, aberkannte WM-Punkte und der ein oder andere Schummel-Schumi-Verdacht. Auch zahlreiche Boxautoeinlagen mit Rivalen wie Jacques Villeneuve, Damon Hill oder David Coulthard. Die junge Meute wird Schumacher bei seinem Jubiläumsrennen nicht schonen, da wird ihm auch die Trainingsbestzeit von gestern Vormittag nicht helfen. Sobald die Ampeln auf Grün schalten, sind die Feierlichkeiten vorbei, weshalb es Vettel mit dem Lob für seinen Nebensitzer auch nicht übertreiben will: "Er war der Held in meiner Kindheit. Ich kann Michael jetzt aber nicht in den Himmel heben. Sagen wir es so: er ist ein ganz guter Fahrer." Ein Satz, der saß - aber den Jubilar Schumacher zu einem Lächeln veranlasste.