Die Formel 1 gastiert weiter in Budapest, hält an Russland fest – und macht bald auch in Aserbaidschan Station. Das hat recht simple Gründe.

Sport: Dominik Ignée (doi)

Budapest - Einmal im Jahr bekommen die Ungarn ihr Fest. Entlang der Budapester Prachtstraße Andrassy geht es Richtung Nordosten einfach nur geradeaus. Nach zwanzig Kilometern liegt rechts der Hungaroring, umgeben von sanften Hügeln. Zwischen den Häusern im Hinterland sind viele Straßen ungeteert, und die Gebäude am Circuit sind in die Jahre gekommen. Doch die Faszination der Ungarn an den Formel-1-Jungs ist ungebrochen.

 

Tumulte bei der Autogrammstunde

So drücken bei der traditionellen Autogrammstunde hunderte Fans auf die Menschen in den vorderen Reihen. Kinder sind darunter, einige weinen in dem Gedränge. Das Szenario ist nicht ungefährlich und macht für einen Moment die Duisburg-Katastrophe präsent. Ausgerechnet der als emotionslos einzustufende Ferrari-Pilot Kimi Räikkönen wird plötzlich laut. Er ruft die Drängler energisch zur Vernunft.

Die Formel 1 zieht in die große weite Welt, sie lässt Europa im Stich – doch der Budapest-Grand-Prix ist eine etablierte Größe. Der ungarische Staat zahlt pünktlich seine Antrittsmillionen an den Boss Bernie Ecclestone, so ein Geld-Gezeter wie mit den deutschen Veranstaltern gibt es mit den Magyaren nicht. Die Ungarn waren stets pflegeleichte Gastgeber. Dem Staat ist es wichtig, dass die Weltöffentlichkeit durch die Fernsehbilder auf Budapest schaut. An Touristen mangelt es der als Rom des Ostens bezeichneten Donau-Metropole zwar nicht, doch die Formel 1 lockt zusätzlich Feierbiester in die Stadt. Sie kommen aus England, den Niederlanden, aus Deutschland.

Wohlfühlfaktor für Ecclestone

Seit 1986 wird in Ungarn ohne Unterbrechung gefahren. Ecclestone wollte damals zeigen, dass sein PS-Imperium in der Lage ist, den Eisernen Vorhang zu überwinden. Das damals erste Ostblock-Rennen in Budapest wurde als Sensation gefeiert. Aus Dankbarkeit bekam die schmale Straße zwischen Autobahn und Hungaroring den Namen Bernie-Ecclestone-Avenue. Auch heute noch stellen sie vor den Bus des mächtigen Mannes liebevoll Zierpflanzen auf. Die unterwürfig anmutende Geste soll für Mister E. den Wohlfühlfaktor erhöhen. Kleine Anfangsschwierigkeiten beim Budapest-Grand-Prix wurden bereits Ende der 1980er Jahre ausgemerzt. Die Hütten am Rande der Strecke, in denen auch Prostituierte am profitablen Formel-1-Geschäft partizipieren wollten, wurden abgerissen.

Der als Micky-Maus-Piste bezeichnete Rundkurs ist kurvenreich und langsam. Nur auf der Start-Ziel-Geraden erreichen die Boliden mehr als 300 Stundenkilometer. Ansonsten müssen die Piloten sich in der üblichen Affenhitze wie im Go-Kart durch die 14 Kurven kurbeln. Es gibt Fahrer, die mögen es nicht, andere favorisieren ausgerechnet diesen Kurs. „Hier kann man richtig angreifen. Das ist für einen aggressiven Fahrer wie mich sehr wichtig“, sagt der Mercedes-Mann Lewis Hamilton, der in Budapest bereits viermal gewann. Nun hofft er, morgen (14 Uhr/RTL) dem im WM-Zweikampf führenden Teamkollegen Nico Rosberg auf die Pelle zu rücken.

Für Rosberg ist Budapest immer eine Reise wert

Der gebürtige Wiesbadener hat wiederum seine Freunde mitgebracht – Budapest ist immer eine Reise wert. „Während sie am Samstagabend auf Partys feiern, muss ich mich konzentrieren und auf das Rennen vorbereiten“, sagt Rosberg. Geht es nach dem hinterherfahrenden Red-Bull-Weltmeister Sebastian Vettel, kann sein Landsmann im Hinblick auf die Mercedes-Dominanz den Budapest-Trip jedoch genießen. „Da hinten im Aqua-Park können sie sich das ganze Wochenende aufhalten“, sagt Vettel, Mercedes würde ohnehin gewinnen.

Am 12. Oktober soll die Formel 1 erstmals in Russland gastieren. Austragungsort ist Sotschi am Schwarzen Meer. Im Februar fanden dort die Olympischen Winterspiele, im Herbst soll die Formel 1 die Geltungssucht des russischen Präsidenten Wladimir Putin ein weiteres Mal befriedigen. Geld spielt da keine Rolle – deshalb ist Ecclestone auch so angetan von der Idee. Doch nach dem Flugzeugabsturz in der Ukraine ist die politische Lage höchst angespannt.

Von 2016 an gastiert die Formel 1 in Aserbaidschan

Ecclestone muss auf seinem Weg in den Osten also schon wieder eine Hürde nehmen – diesmal hängt sie wohl höher als der Eiserne Vorhang vor 28 Jahren. Die Frage ist, ob es überhaupt vertretbar ist, in Russland zu fahren. „ Wir mischen uns nicht in Politik ein. Wir werden den Vertrag respektieren. Mister Putin persönlich war sehr unterstützend und sehr hilfreich, und wir werden das ebenfalls sein“, sagt Ecclestone und befindet sich in einer gewissen Pro-Sotschi-Stimmung, obwohl er 2011 das Rennen in Bahrain wegen politischer Unruhen absagen musste. „Ich denke, wenn wir grünes Licht haben, dann wird es in Ordnung sein. Dann mache ich mir auch keine großen Gedanken“, sagt Vettel.

Im Jahr 2016 wird der Heppenheimer erstmals auch in Aserbaidschan fahren. Die Osterweiterung der Formel 1 geht weiter. Bis 2016 läuft auch der Vertrag mit den Ungarn, alles andere als eine Verlängerung wäre eine Überraschung – denn sie sollen ihr Fest bekommen. Einmal im Jahr.