Der Engländer Lewis Hamilton setzt sich beim Formel-1-Rennen in Austin gegen Rosberg und Vettel durch und wird zum dritten Mal Champion. Und diesmal ist es nicht nur die Überlegenheit des Silberpfeils.

Austin - Es ist eine würdige, die bestmögliche, eine typische Krönung, die Lewis Hamilton beim Großen Preis der USA erfährt. Als erster Brite in der Geschichte der Formel 1 kann er seinen Titel verteidigen, und diesmal ist es nicht nur die Überlegenheit des Silberpfeils. Der 30-Jährige behält im spannendsten Rennen der Saison mit vier Neutralisierungen die Nerven. Ein Spiegelbild des Rennjahres: Er zeigt in den richtigen Momenten Härte oder Umsicht, er hat das Glück des Tüchtigen, und steht damit auf einer Stufe mit seinem Idol Ayrton Senna. Er wird zum dritten Mal Weltmeister, weil er vor Nico Rosberg und Sebastian Vettel ins Ziel kommt. Vorzeitig, weil ihm 76 Zähler auf Vettel und 80 auf Rosberg reichen.

 

Dem zehnten Saisonsieg folgen Tränen über Boxenfunk, der Champ stößt ein „Ich liebe Euch alle“ hervor. Dann kommt der Überschwang, mit durchdrehenden Reifen malt er Kringel auf den Asphalt. Vor der Siegerehrung kniet er dann nieder, der Kopf auf den Armen, den Helm vor sich – er betet. Im Eck hockt Rosberg, einmal mehr geschlagen. Er hält sich die Hände vors Gesicht. Hamilton wirft ihm die Sponsorenmütze freundschaftlich zu, Rosberg wirft sie böse zurück. Das zeigt alles über das Verhältnis. Faire Gesten sehen anders aus. Hamilton klopft sich aufs Herz, es ist sein Moment: „Das ist der größte Moment in meinem Leben.“

Der Gast-Moderator Elton John ist patriotisch, herzt Hamilton. Der dankt mit Stars-and-Stripes-Kappe und zittriger Stimme dem Team und dem Publikum: „War die Show heute gut?“ Rosberg sagt auch brav Danke, gesteht aber, dass er nicht weiß, was bei ihm los war. Vettel gratuliert fair und spricht vom nächsten Jahr, von dem Duell, auf dass sich die Formel 1 die letzten drei Rennen schon freuen wird.

Rücksicht nehmen bedeutet in diesem Stadium der Formel-1-Weltmeisterschaft Rückstand. Wer wissen möchte, warum Lewis Hamilton zurecht der alte und neue Formel-1-Weltmeister ist, braucht nur die ersten 280 Meter beim Großen Preis der USA studieren. Sein Herausforderer Nico Rosberg steht wie im Vorjahr auf der Pole-Position, die wegen der anhaltenden Regenfälle am Sonntagmorgen ausgefahren worden ist. Der Brite hat auf der noch feuchten Piste den besten Speed aus dem Stand, schiebt sich auf dem steilen Hügel innen nach vorn. Die Vorderräder der beiden Silberpfeil-Piloten berühren sich, keiner will nachgeben. Rosberg ist in der schlechteren Position, kommt über den Randstreifen. Als er zurück auf die Piste kommt, sind schon vier Autos an ihm vorbei. Der eine kompromisslos, der andere verzweifelt. Nach dem Rennen ärgert sich Rosberg mächtig über den Kollegen, weil er sich grenzwertig von der Strecke gedrängt sieht.

Gute Unterhaltung in der Prärie

Als zum ersten Mal richtig gefahren werden kann auf dem Circuit of the Americas, erweist sich die Piste in der Prärie als ungemein förderlich für die Unterhaltung. Reichlich Überholmanöver, am Anfang geht sogar der Russe Daniil Kvjat im Red Bull-Renault kurz an Hamilton vorbei. Nach acht Runden ist die übliche Reihenfolge wieder hergestellt, Rosberg setzt sich hinter Hamilton. Damit wäre der Brite zu diesem Zeitpunkt Champion. Er braucht nur zwei Zähler mehr als Rosberg und neun mehr als Vettel, der es von Startplatz 13 aus immerhin auf Rang sechs geschafft hat. Aber Daniel Ricciardo und Kvjat machen Rosberg die Hölle heiß. Vier Autos innerhalb von zwei Sekunden, so ein Führungsquartett gab es schon lang nicht mehr.

Hamilton weiß, dass er nicht alles riskieren muss, er hat schon nach dem zweiten Platz in der Qualifikation gesagt: „Es geht hier noch nicht um alles oder nichts.“ Im dritten Anlauf schafft es Rosberg zum ersten Mal, an seinem Gegenspieler vorbeizugehen, aber Hamilton muss ohnehin an die Box. Er schafft es innerhalb von einem Umlauf von sieben auf vier, das Titelrennen wird wieder offener. Wann war es das letzte Mal so spannend?

Es geht in dem turbulenten Rennen hin und her. Freie Fahrt gibt es dann für die letzten zehn Runden. Und Nico Rosberg macht unter leichtem Druck einen schweren Fehler, kommt auf den Seitenstreifen und Hamilton ist in der 49. Runde vorbei – und auf und davon. Dem WM-Sieg entgegen. Niki Lauda schüttelt den Kopf, Toto Wolff schmunzelt. Wer braucht noch Stallorder? Die Mienen der Verantwortlichen verfinstern sich, als Rosbergs Vier-Sekunden-Vorsprung gegen Vettel auf vier Zehntel schrumpft. Das könnte seinem Teamkollegen den Titel doch noch kosten. Es ist ein banger letzter Umlauf. Aber dann ist Rosberg durch, und damit auch Hamilton. Aber Freunde werden die beiden nie mehr.