An der Universität Stuttgart wurden bei einere Forschungstagung Möglichkeiten aufgezeigt, wie sich Erkenntnisse der Quantenphysik technisch nutzen lassen.

Stuttgart - Laser und Glasfasern spielen in der modernen Datenübertragung eine tragende Rolle. Doch für Tommaso Calarco ist diese Technologie nicht die Zukunft, sondern die „alte“ Quantenrevolution aus dem letzten Jahrhundert. „Jetzt ist die zweite Quantenrevolution angesagt“, prophezeit der Professor am Institut für Komplexe Quantensysteme der Uni Ulm. „Jetzt können wir einzelne Elektronen und Photonen manipulieren“, sagt er – und das eröffnet physikalisch wie technisch ganz neue, früher ungeahnte Möglichkeiten.

 

Calarco ist zusammen mit Tilman Pfau, dem Leiter des 5. Physikalischen Instituts der Uni Stuttgart, Sprecher des baden-württembergischen Zentrums für Integrierte Quantenwissenschaft und -technologie (IQST, siehe Infokasten). Die im Rahmen dieses Zusammenschlusses arbeitenden Wissenschaftler haben sich jetzt in Stuttgart getroffen, um ihre Projekte vorzustellen und den Austausch zwischen den Projektpartnern zu fördern. Erörtert wurde auch, wie sich die Potenziale nutzen lassen, die mit der Flaggschiff-Initiative der EU-Kommission zur Quantenforschung und -technologie verbunden sind.

EU födert Quantentechnologie mit einer Milliarde Euro

Aus diesem Grund war auch Jürgen Mlynek nach Stuttgart gekommen, der Vorsitzende der EU-Expertengruppe zu Quantentechnologien. Die EU hat für 2018 eine Förderung in Höhe von einer Milliarde Euro angekündigt, um die bisherige Spitzenstellung Europas in der Phase der zweiten Quantenrevolution zu stärken. Dabei soll das baden-württembergische Zentrum – nach Bekunden der Initiatoren ein in diesem Bereich einzigartiger Zusammenschluss in Deutschland – mit seiner Kompetenz einen wichtigen Beitrag bei der Ausgestaltung des Förderprogrammes leisten.

Jürgen Mlynek zeigte sich beeindruckt, was quantentechnologisch in China läuft. Und auch in den USA „geht die Post ab“, wie er es formulierte – nicht zuletzt durch so bekannte Firmen wie Google und IBM. Dies zeigte auch der Gastvortrag von Chris Monroe mit dem Thema „Es ist Zeit, einen Quantencomputer zu bauen“. Wie der amerikanische Quantenphysiker und Unternehmer berichtete, forschen derzeit 19 Kooperationen – Firmen und Forschungsinstitutionen – an dieser Zukunftstechnologie, die riesige Chancen bietet, aber von der bisher noch niemand weiß, ob sie im Alltag einsatzfähig werden wird.

Magnetfeldsensoren mit Quantentechnologie

Bereits in wenigen Jahren könnte demgegenüber schon ein anderes Anwendungsgebiet der Quantentechnologie im Alltag nützlich werden: Magnetfeldsensoren, die sehr viel kleiner und viel genauer arbeiten als bisherige Messtechniken auf diesem Gebiet. Michael Bolle, der bei Bosch Chef der Forschung und Entwicklung ist und im IQST die Industrieseite vertritt, betonte daher, dass man nun Physiker und Quanteningenieure zusammenbringen muss, um entsprechende Produkte schneller auf den Markt zu bringen.

Quanten-Zentrum

Institution
Am Zentrum für Integrierte Quantenwissenschaft und -technologie (IQST) beteiligen sich 27 Institute an den Universitäten Stuttgart und Ulm sowie am Max-Planck-Institut für Festkörperforschung. Gefördert wird das Zentrum vom baden-württembergischen Wissenschaftsministerium.

Aufgabe
Erklärtes Ziel ist es, mit „Quantenphysik den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen“. Dazu arbeiten verschiedene Bereiche zusammen: Physik, Chemie, Biologie, Mathematik und Ingenieurwissenschaften. Auch die Industrie ist mit an Bord, darunter die Weltfirmen Bosch, Zeiss und Trumpf.

IQST-Day
Die Tagung, die jetzt erstmalig an der Uni Stuttgart stattfand, diente zum wissenschaftlichen Austausch der beteiligten Forscher. Zudem sollten Impulse für den Dialog mit Wirtschaft und Politik gegeben werden. Dahinter steckt auch das Ziel, die Spitzenstellung Europas zu erhalten und auszubauen.