Politik/Baden-Württemberg: Rüdiger Bäßler (rub)

Liqui Moly braucht Werbung. In jedem Tankstellen-Shop und Baumarkt stehen Flaschen mit Motoröl. Man könnte das auch das Red-Bull-Dilemma nennen: Weil der Produktinhalt im Prinzip unverändert bleibt, obliegt es der Marketingabteilung, immer neue Bilder in die Köpfe der Kundschaft zu pflanzen und frische Kaufanreize zu setzen. Beim Ulmer Hersteller geht es um die ewige Verbindung des Produkts mit Rennsport und Tempo.

 

Erotische Frauen kommen als Emo-Faktor dazu. Das funktioniert, weil die Abnehmer praktisch ausnahmslos Männer sind. Mit jedem neuen Kalender dringt das Schluchzen von Genderbewegten in die Unternehmenszentrale. „Es gibt schon immer wieder Proteste“, bestätigt der Manager und Prokurist Peter Baumann. Aber: „Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.“

Ein Rätsel bleibt. Sex sells, in Ordnung, aber im Internet flackern Erotikbildchen mit Autogarnitur zu jeder Zeit in allen Härtegraden zehntausendfach. Wozu das Hochglanzpapier? Das stimme schon alles, pflichtet Sascha Jardel bei, Export-Marketingleiter bei Liqui Moly. Auf Messen seien die Kalender trotzdem immer in kürzester Zeit vergriffen, und dann tauchten sie nach verlässlichen Berichten von Außendienstmitarbeitern an Werkstattwänden und Spindtüren von Mechanikern wieder auf. Das alte Product-Placement funktioniert demnach wirklich weiter. Werbefachleute beklagen ja längst, wie das Internet sich zum Massengrab für Markenbotschaften entwickelt hat, wie die Aufmerksamkeit des Publikums zur unbezahlbaren Währung geworden ist. Ist der Sexkalender so begehrt, weil er so retro ist? Sascha Jardel überlegt lange, zupft an seiner Sonnenbrille und sagt: „Wir können es uns auch nicht erklären.“

Livestorys für Instagram

Man weiß so wenig. In der Pause vor dem Wohnwagen pusten Sissi und Estella fleißig Küsschen von den Handflächen in ihre Smartphones. Sie lächeln und schleudern dramatisch ihr Haar. Die Helferin Anna klärt auf: „Das gibt Livestorys für Instagram.“ Wer einmal Playmate war, hat mehrere Zehntausend Follower. Die da draußen wollen offenbar wissen, was ihre Idole an diesem so schönen Frühsommernachmittag treiben. Ob es denn sehr heiß ist. Und ob man behilflich sein kann.

Man kann nicht. Der Himmel über Laupheim kriegt plötzlich ein Kuhfleckenmuster, Wolkenfetzen überfliegen den Ferrari, Fotograf Max wird nervös und justiert seine Beleuchtungseinstellungen neu. Die Erotikmodelle eilen ein letztes entscheidendes Mal an diesem Tag ins Hell der Scheinwerfer. Wie auf geheimen Befehl, ohne jedes laute Wort, fallen alle Hüllen. Olivenöl stäubt, dann klickert die Kamera. Kein Vogel fällt tot vom Himmel, keine Blume verdorrt, kein Hamann-Mechaniker kriegt Atemnot. Der Max kontrolliert seine Bilder auf einem Tabletcomputer und winkt zufrieden. Danke, das war’s.

Hamann braucht keine Werbung im klassischen Sinn. Das liegt am Kundenkreis, der keine Flyer liest und sich vermutlich auch keine Kalender aus Ulm ansieht. Rund 70 Prozent der in Laupheim getunten Autos gehen ins Ausland, sagt der Hamann-Verkaufsleiter Uli Schwarz. „Unsere Kunden haben schon alles gehabt im Leben.“ Ein paar deutsche Käufer gibt es doch: Mesut Özil gehört dazu. Oder Jérôme Boateng. War da nicht auch was mit den Geissens? Uli Schwarz fällt es wieder ein. Das schrecklich glamouröse Ehepaar von RTL 2 „hat ein paar Autos von uns“.

„Der Wurm muss dem Fisch schmecken“

Liqui Moly braucht Werbung. In jedem Tankstellen-Shop und Baumarkt stehen Flaschen mit Motoröl. Man könnte das auch das Red-Bull-Dilemma nennen: Weil der Produktinhalt im Prinzip unverändert bleibt, obliegt es der Marketingabteilung, immer neue Bilder in die Köpfe der Kundschaft zu pflanzen und frische Kaufanreize zu setzen. Beim Ulmer Hersteller geht es um die ewige Verbindung des Produkts mit Rennsport und Tempo.

Erotische Frauen kommen als Emo-Faktor dazu. Das funktioniert, weil die Abnehmer praktisch ausnahmslos Männer sind. Mit jedem neuen Kalender dringt das Schluchzen von Genderbewegten in die Unternehmenszentrale. „Es gibt schon immer wieder Proteste“, bestätigt der Manager und Prokurist Peter Baumann. Aber: „Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.“

Ein Rätsel bleibt. Sex sells, in Ordnung, aber im Internet flackern Erotikbildchen mit Autogarnitur zu jeder Zeit in allen Härtegraden zehntausendfach. Wozu das Hochglanzpapier? Das stimme schon alles, pflichtet Sascha Jardel bei, Export-Marketingleiter bei Liqui Moly. Auf Messen seien die Kalender trotzdem immer in kürzester Zeit vergriffen, und dann tauchten sie nach verlässlichen Berichten von Außendienstmitarbeitern an Werkstattwänden und Spindtüren von Mechanikern wieder auf. Das alte Product-Placement funktioniert demnach wirklich weiter. Werbefachleute beklagen ja längst, wie das Internet sich zum Massengrab für Markenbotschaften entwickelt hat, wie die Aufmerksamkeit des Publikums zur unbezahlbaren Währung geworden ist. Ist der Sexkalender so begehrt, weil er so retro ist? Sascha Jardel überlegt lange, zupft an seiner Sonnenbrille und sagt: „Wir können es uns auch nicht erklären.“

Livestorys für Instagram

Man weiß so wenig. In der Pause vor dem Wohnwagen pusten Sissi und Estella fleißig Küsschen von den Handflächen in ihre Smartphones. Sie lächeln und schleudern dramatisch ihr Haar. Die Helferin Anna klärt auf: „Das gibt Livestorys für Instagram.“ Wer einmal Playmate war, hat mehrere Zehntausend Follower. Die da draußen wollen offenbar wissen, was ihre Idole an diesem so schönen Frühsommernachmittag treiben. Ob es denn sehr heiß ist. Und ob man behilflich sein kann.

Man kann nicht. Der Himmel über Laupheim kriegt plötzlich ein Kuhfleckenmuster, Wolkenfetzen überfliegen den Ferrari, Fotograf Max wird nervös und justiert seine Beleuchtungseinstellungen neu. Die Erotikmodelle eilen ein letztes entscheidendes Mal an diesem Tag ins Hell der Scheinwerfer. Wie auf geheimen Befehl, ohne jedes laute Wort, fallen alle Hüllen. Olivenöl stäubt, dann klickert die Kamera. Kein Vogel fällt tot vom Himmel, keine Blume verdorrt, kein Hamann-Mechaniker kriegt Atemnot. Der Max kontrolliert seine Bilder auf einem Tabletcomputer und winkt zufrieden. Danke, das war’s.