Kultur: Ulla Hanselmann (uh)

Ein Versprechen, dem die Mitarbeiter indes keinen Glauben schenken: Bei einem Warnstreik haben sie am Donnerstag den Verbleib des FR-Mantels in Frankfurt gefordert. Um weiterhin glaubwürdig zu sein, müsse die "Frankfurter Rundschau" in Frankfurt geschrieben und produziert werden". In dem Umbau keine Abwicklung und keinen Verlust der publizistischen Eigenständigkeit zu erkennen, fällt tatsächlich schwer. Die "Berliner Zeitung" dominiert das Gespann nicht nur personell, auch wirtschaftlich besteht ein klares Gefälle zwischen der schwarze Zahlen schreibenden Hauptstadtzeitung und dem Frankfurter Blatt, das im vergangenen Jahr 19 Millionen Euro Verlust machte. Und die Idee, dass die gleichen Köpfe zwei völlig unterschiedliche Zeitungen denken und machen sollen, klingt nach einer recht schizophren anmutenden Konstruktion.

 

Uwe Vorkötter, mit beiden Blättern bestens vertraut, ist dieser Spagat zwar zuzutrauen, dasselbe mag für die mit Doppelspitzen aus beiden Häusern besetzten Ressortleitungen gelten. Doch für den leidenschaftlichen Diskurs über Positionen, den die bisherigen FR-Redakteure identitätsstiftend für ihre Zeitung halten, wie sie nun an ihre Leser schrieben, bleibt in diesem Modell kaum Platz - die FR-Köpfe werden ja größtenteils weggespart. Bis die Berliner Redakteure womöglich den spezifischen Frankfurter Blick auf das Tagesgeschehen eingeübt haben, den vor allem die Abonnenten im Rhein-Main-Gebiet an ihrer Zeitung schätzen, dürfte langes und hartes Training notwendig sein.

Achtzehn Monate Galgenfrist

Der Wille zumindest, das linksliberale Profil der Rundschau, die traditionell bei Themen aus der Sozialpolitik, Ökologie und Bildung einen starken Auftritt hat, zu erhalten und das Blatt nicht zu einer Lokalzeitung zu degradieren, mag gegeben sein. Wahrscheinlich haben die Gesellschafter gar den Anspruch, mit dieser "Berlin-Frankfurter-Rundschau-Zeitung", wie "Die Tageszeitung" sie nannte, ein neues Zeitungsmodell zu entwickeln. Wenn man mit dem Rücken zur Wand steht, ist Angriff die einzig mögliche Verteidigung. Kosten von etwa zehn Millionen Euro jährlich sollen eingespart werden, bis 2013 will der Verlag schwarze Zahlen sehen. Ob das für ein Blatt, das sich erst wieder finden muss, auf einem durch die Digitalisierung unter enormem Druck stehenden Zeitungsmarkt zu schaffen ist? Achtzehn Monate beträgt die Galgenfrist. Danach wird sich zeigen, ob die Abgesänge weitergehen.