Reportage: Frank Buchmeier (buc)


Sie können aber nicht bestreiten, dass Sie zu den Gästen Ihrer Sendung ausgesprochen nett sind.
Ich nehme mich in meinen Interviews zurück, weil es mir darum geht, von prominenten Menschen etwas Neues zu erfahren. Ich möchte sie von einer Seite zeigen, die man noch nicht kennt. Das funktioniert nur, wenn ich eine vertrauensvolle Gesprächsatmosphäre schaffe.

Ist das eine weibliche Methode, ein Bezirzen?
Vor allem ist das mein persönlicher Weg. Ich lade niemanden in die Sendung ein, den ich nicht mag. Ich möchte nicht jemanden angehen müssen für das, was er ist. Ich will die Gespräche nicht dafür missbrauchen, meine Vorurteile öffentlich zu bestätigen. Ja, ich bin zu meinen Gästen nett, die sollen sich bei mir wohlfühlen und in eine Plauderlaune kommen. Das finde ich am spannendsten.

Sie haben häufiger Männer als Frauen in Ihrer Sendung. Woran liegt das?
Seltsamerweise werden mir von der Redaktion als mögliche Gäste immer wieder Männer genannt, und ich frage dann: Finden wir keine Frauen? Doch nach dem nächsten Brainstorming haben wir dann wieder mehr Männer als Frauen auf der Liste. Daraus kann man vermutlich schließen: Es gibt noch immer mehr Männer als Frauen, die man für bedeutend hält.

Fühlen Sie sich als Frau beruflich benachteiligt?
Nein, das kann ich nicht sagen. Seit „Ehrensenf“ wurde ich gefördert – und zwar hauptsächlich von Männern, die mich vor eine Kamera oder auf eine Bühne gestellt haben. Das hätte anfangs auch schiefgehen können, aber mir wurde immer vermittelt: „Wir glauben an dich, du schaffst das schon.“

Sie waren auch für Ihren schwäbischen Landsmann Harald Schmidt tätig. Was hat der Ihnen mit auf den Berufsweg gegeben?
„Wir machen alles mit einem riesigen Enthusiasmus, und wenn wir es scheiße finden, dann immer noch mit Enthusiasmus.“ Ein wichtiger Satz! Wenn du hinter der Bühne stehst und aufgeregt bist oder wenn es nicht gut läuft, hilft dieser Satz, die Spannung zu halten und gelassen zu bleiben.

Wie soll Sie das Publikum wahrnehmen?
Als intelligent, kreativ, cool und lustig. (lacht)

Ich finde nicht, dass eine Moderatorin von Kulturmagazinen witzig sein muss.
Etwas Anarchie schadet einer Kultursendung nicht. Als der Autor Benjamin von Stuckrad-Barre mein Gast war, haben wir während des Gesprächs geraucht. Schon wurde mir von einer Zuschauerin vorgeworfen, ich würde „gesellschaftliche Normen negieren“. Der Philosoph Robert Pfaller sagt, dass es auch dreckige Dinge geben muss, die verleihen dem Leben in gewisser Weise einen Glanz.

Sie werden nächste Woche dreißig Jahre alt. Spüren Sie, dass die Jugend jetzt endgültig vorbei ist?
So dramatisch würde ich das nicht ausdrücken. Aber ich werde zwischendurch melancholisch, weil ich merke, dass sich manche Tür in meinem Leben geschlossen hat. Zum Beispiel kann ich nicht mehr im Ausland studieren, mit Gleichaltrigen eine coole Zeit in Madrid oder sonst wo haben. Ich kann auch nicht mehr jung Mutter werden. Es geht nicht darum, ob ich will, sondern darum, dass ich die Möglichkeit gar nicht mehr habe.

Glauben Sie, dass Sie als Frau in zwanzig Jahren in Ihrem Metier noch gefragt sind?
Das weiß ich nicht. Man wird sehen, was aus Maybrit Illner, Anne Will und Sandra Maischberger wird – die kommen ja jetzt in dieses Alter.

Wäre es für Sie jemals denkbar gewesen, Ihr Leben in Aalen zu verbringen?
Durchaus. Ich habe es geliebt, dass ich hier immer irgendwo hingehen kann, wo ich jemanden kenne. Diese Vertrautheit und Sicherheit schätze ich. Ich habe mit meinen Eltern sogar einen Vertrag gemacht, dass sie mir nach dem Abi einen Arschtritt geben müssen, sonst hätte die Gefahr bestanden, dass ich niemals aus Aalen rauskomme. Nach einigen Jahren in Köln habe ich dann gedacht: Nee, ich will nicht wieder zurück, ich finde die Großstadt spannender. Vielleicht wird’s ja auch noch mal eine andere Stadt – wie Berlin.

Abschließend bitte ein Tipp für unsere jungen Leserinnen: Wie bringt man es zur TV-Moderatorin?
Es gibt kein Patentrezept, der Wille hilft. Man muss Möglichkeiten suchen, um zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Ich musste mir vor allem das Schwäbische abtrainieren, mir Schwoba machat d’ Gosch beim Schwätza ja normalerweise net uff, und außerhalb des Schwabenlandes wird’s dann schwer. Ich habe zum Trainieren einen Korken in den Mund genommen – und auf Hochdeutsch aus der Tageszeitung vorgelesen.