Freizeit & Unterhaltung : Ingmar Volkmann (ivo)

Die familiäre Koproduktion zahlt sich längst für beide aus. Während die elektronische Musikpolizei Paul Kalkbrenners Erfolg misstrauisch beäugt, ihm rhythmische Eindimensionalität vorwirft und dabei unterstellt, Paul befriedige vor allem musikalische Zonenrandgebietsgelüste, sehen Kritiker Fritz Kalkbrenners eigene Produktionen deutlich positiver. Vor allem der aktuelle Longplayer „Sick Travellin’“ sei musikalisch deutlich anspruchsvoller und vielfältiger als Paul Kalkbrenners Oeuvre.

 

Vergleiche mit seinem Bruder pariert Fritz Kalkbrenner im Hotel in Frankfurt einigermaßen gleichgültig. „Bei solchen Fragen kann ich spüren, wie gut sich mein Gegenüber vorbereitet hat“, sagt Kalkbrenner, der selbst als freier Journalist gearbeitet hat. Während Paul in der Stuttgarter Zeitung anlässlich seines Auftritts in der Schleyerhalle kürzlich Musikproduktion mit echtem Handwerk verglichen hat, gibt Fritz eher den Schöngeist und sagt Sätze wie: „In der Grundproduktion huldige ich dem Autistentum, selbst wenn der Impetus von außen gut ist, kann ich das dann nicht ertragen.“ Denkt der junge Fritz über eine Frage etwas länger nach, untermalt er diesen Vorgang durch lustige Quietschgeräusche, ein lang gezogenes „huaaaaahmm“ hier, ein kurzes Piepsen dort, in einem Tonfall, der zwischen Martin Semmelrogge und einem Pfarrer bei der Predigt changiert. Der Unterschied zwischen den beiden Brüdern? Fritz quietscht: „Bei mir ist die musikalische Aufstellung enzyklopädisch. Die Bassgitarre von James Jamerson bei Motown höre ich sofort raus. Im Vergleich zu Paul bin ich in diesem Bereich gut aufgestellt. Das ist aber keine Kunst, weil er gar nicht aufgestellt ist. Er wüsste zum Beispiel nicht, ob ein bestimmtes Aretha-Franklin-Stück aus den Sechzigern oder aus den Siebzigern stammt. Es gibt Klang-Sujets, bei denen ich sofort den Jahrgang heraushöre. Er nicht.“

Und wie ist bei Kalkbrenners unterm Weihnachtsbaum?

Herrscht denn wenigstens eine hübsche Konkurrenz zwischen den Vorzeigebrüdern der elektronischen Musik? Fritz Kalkbrenner pustet wie ein Dampfer in die Wasserflasche. „Nö, gar nicht. Bei uns beiden kam der Erfolg ja erst recht spät, da ist man gefestigter. Wäre er mit 21 durch die Decke gegangen, und ich wäre mit 17 nicht hinterhergekommen, hätte die Situation vielleicht anders ausgesehen.“

Wie muss man sich dann Familie Kalkbrenner unter dem Weihnachtsbaum vorstellen? Sind Oma und Mama und Papa genervt, wenn Fritz und Paul über die letzte Nacht im Club, dieses eine bestimmte Sample oder den wirklich vorzeigbaren Techno-Groupie fachsimpeln? Quietschjaul Kalkbrenner: „Bei Familientreffen sprechen wir bestimmt nicht über irgendwelche Taktfolgen, das hat es in früheren Jahren vielleicht mal gegeben. Für die Großeltern müsste man die ganze Situation ja ohnehin anders übersetzen und herunterbrechen. Bei einem Breakspäßchen, das Paul in seine Musik einbaut, zwinkern wir uns vielleicht mal zu. Darüber reden müssen wir aber nicht mehr.“

Die familiäre Koproduktion zahlt sich aus

Die familiäre Koproduktion zahlt sich längst für beide aus. Während die elektronische Musikpolizei Paul Kalkbrenners Erfolg misstrauisch beäugt, ihm rhythmische Eindimensionalität vorwirft und dabei unterstellt, Paul befriedige vor allem musikalische Zonenrandgebietsgelüste, sehen Kritiker Fritz Kalkbrenners eigene Produktionen deutlich positiver. Vor allem der aktuelle Longplayer „Sick Travellin’“ sei musikalisch deutlich anspruchsvoller und vielfältiger als Paul Kalkbrenners Oeuvre.

Vergleiche mit seinem Bruder pariert Fritz Kalkbrenner im Hotel in Frankfurt einigermaßen gleichgültig. „Bei solchen Fragen kann ich spüren, wie gut sich mein Gegenüber vorbereitet hat“, sagt Kalkbrenner, der selbst als freier Journalist gearbeitet hat. Während Paul in der Stuttgarter Zeitung anlässlich seines Auftritts in der Schleyerhalle kürzlich Musikproduktion mit echtem Handwerk verglichen hat, gibt Fritz eher den Schöngeist und sagt Sätze wie: „In der Grundproduktion huldige ich dem Autistentum, selbst wenn der Impetus von außen gut ist, kann ich das dann nicht ertragen.“ Denkt der junge Fritz über eine Frage etwas länger nach, untermalt er diesen Vorgang durch lustige Quietschgeräusche, ein lang gezogenes „huaaaaahmm“ hier, ein kurzes Piepsen dort, in einem Tonfall, der zwischen Martin Semmelrogge und einem Pfarrer bei der Predigt changiert. Der Unterschied zwischen den beiden Brüdern? Fritz quietscht: „Bei mir ist die musikalische Aufstellung enzyklopädisch. Die Bassgitarre von James Jamerson bei Motown höre ich sofort raus. Im Vergleich zu Paul bin ich in diesem Bereich gut aufgestellt. Das ist aber keine Kunst, weil er gar nicht aufgestellt ist. Er wüsste zum Beispiel nicht, ob ein bestimmtes Aretha-Franklin-Stück aus den Sechzigern oder aus den Siebzigern stammt. Es gibt Klang-Sujets, bei denen ich sofort den Jahrgang heraushöre. Er nicht.“

Und wie ist bei Kalkbrenners unterm Weihnachtsbaum?

Herrscht denn wenigstens eine hübsche Konkurrenz zwischen den Vorzeigebrüdern der elektronischen Musik? Fritz Kalkbrenner pustet wie ein Dampfer in die Wasserflasche. „Nö, gar nicht. Bei uns beiden kam der Erfolg ja erst recht spät, da ist man gefestigter. Wäre er mit 21 durch die Decke gegangen, und ich wäre mit 17 nicht hinterhergekommen, hätte die Situation vielleicht anders ausgesehen.“

Wie muss man sich dann Familie Kalkbrenner unter dem Weihnachtsbaum vorstellen? Sind Oma und Mama und Papa genervt, wenn Fritz und Paul über die letzte Nacht im Club, dieses eine bestimmte Sample oder den wirklich vorzeigbaren Techno-Groupie fachsimpeln? Quietschjaul Kalkbrenner: „Bei Familientreffen sprechen wir bestimmt nicht über irgendwelche Taktfolgen, das hat es in früheren Jahren vielleicht mal gegeben. Für die Großeltern müsste man die ganze Situation ja ohnehin anders übersetzen und herunterbrechen. Bei einem Breakspäßchen, das Paul in seine Musik einbaut, zwinkern wir uns vielleicht mal zu. Darüber reden müssen wir aber nicht mehr.“

Das Gespräch dreht sich zum Ende hin um die Demokratisierung von Techno-Vorlieben durch das Internet, unterschiedliche Hörgewohnheiten in China, Amerika und England und die sofortige Verfügbarkeit von Musik in der Generation Download. Alles schön reflektiert, alles schön schlau. Ein gepflegter Schwabendiss, der in Berlin zum guten Ton gehört, will Fritz Kalkbrenner zum Abschied auch nicht über die Lippen kommen. „Panta rhei, alles fließt. Meine Familie lebt seit 1740 in Berlin. Die am lautesten gegen die Schwaben bellen, sind erst seit drei Jahren da.“ Der Techno-Schöngeist hat gesprochen.

Kurzbiografie: Von 2002 an hat Fritz Kalkbrenner, 1981 in Berlin geboren, als Musikjournalist für MTV und andere gearbeitet. 2003 trat er erstmals als Gastsänger auf dem Album „Brave“ von Sascha Funke in Erscheinung. 2010 erschien sein Debütalbum „Here today gone tomorrow“. Sein aktuelles Album „Sick Travellin’“ schaffte es bis auf Platz sechs der deutschen Albumcharts. Seit Februar ist Fritz Kalkbrenner auf Tour. Auftritte in Shanghai und Peking gehören zu den Highlights der Tournee. In Stuttgart hätte Fritz Kalkbrenner bereits Ende April im Zapata auftreten sollen. Nachdem der Club geschlossen worden war, wurde das Konzert auf den 5. Mai, 21 Uhr, ins LKA verlegt.