Die Mitglieder des Infoladens auf der Prag veranschaulichen die Folgen von Stuttgart 21 für die Anwohner im Norden. Insbesondere die geplante Baulogistikstraße vom Hauptbahnhof zur zentralen Logistikfläche im Norden beschäftigt die Menschen.

S-Nord - Auch wenn er nicht mit Kritik sparte, eine gute Nachricht hatte Jupp Klegraf für die 40 Menschen, die sich am Sonntag an der Stadtbahnhaltestelle Nordbahnhof versammelt hatten, dann doch: der Aushub für den Tiefbahnhof wird in Containern abtransportiert. Im Gegensatz zu Baustellenlastwagen seien diese komplett geschlossen. Klegraf, ehemaliger Bezirksvorsteher von Nord und jetziger Vorsitzender des Vereins Infoladen Stuttgart 21 auf der Prag, hatte zur Führung entlang der künftigen Baulogistikstraße für den Tiefbahnhof eingeladen.

 

Die Logistikstraße führt vom Hauptbahnhof auf das zentrale Logistikfeld bei der Haltestelle Nordbahnhof und verläuft dabei größtenteils entlang der Rosensteinstraße. Insofern hatten Anwohner befürchtet, dass sie in den nächsten Jahren große Mengen Baustaub erdulden müssen. Doch auch wenn das Thema Baustaub durch die Verwendung von Containern erledigt scheint, unangenehm wird es für die Anwohner auf der Prag trotzdem. Sie müssen mit einem erhöhten Verkehrsaufkommen rechnen, bis die Logistikstraße fertig ist. Die Bahn plant dies zum Februar 2014. Nach Inbetriebnahme der Straße wiederum wird die Lärmbelastung für die Anwohner im Eisenbahnerdörfle steigen.

Nächtlicher Baustellenverkehr nicht ausgeschlossen

Wie stark diese Belastung ist, dazu hat die Bahn bisher keine Zahlen, auch keine Schätzwerte, veröffentlicht. „Dazu kann die Bahn nach eigener Auskunft erst sagen, wenn der Betrieb läuft“, sagte Klegraf. Er betonte, dass auch die Bahn sich an die gesetzlichen Vorgaben zum Lärmschutz halten müsse. Die Bahn selbst betont, dass der Lkw-Verkehr auf den Baustraßen sich auf die Werktage zwischen 7 und 20 Uhr konzentriert, Nacht- und Sonntagsfahrten aber nicht ausgeschlossen sind.

Die Zeitpläne der Bahn für die Inbetriebnahme des zentralen Logistikfeldes und der Baulogistikstraße beurteilt Klegraf skeptisch. Er schätzt, dass die Bahn mit einigen Teilbauphasen ein halbes Jahr in Verzug ist. Bei der Bahn selbst ist man da optimistischer. Dort erklärte ein Sprecher auf Nachfrage, das man damit rechne, die Baustraßen und das Logistikfeld gemäß dem Zeitplan fertigzustellen.

Der Verein Infoladen begleitet das Projekt Stuttgart 21 seit Jahren kritisch und beleuchtet vor allem die Auswirkungen für die Anwohner auf der Prag. Der Verein nimmt nach eigenem Bekunden keine Position für oder gegen das Projekt ein. „Wir wollen nur informieren“, sagt Klegraf. Diese Informationen werden seit einigen Monaten verstärkt eingefordert. „Lange Zeit haben wir uns gefragt, warum so viele Leute so indifferent sind. Jetzt endlich merken die Anwohner, dass sich etwas im Bezirk tut und das für eine längere Zeit nicht im Positiven“, sagt Klegraf. Insofern sei diese Führung entlang der Baulogistikstraße nicht die letzte, die der Infoladen organisieren werde.

Hoffen auf kleine Verbesserungen

Die Mitglieder des Infoladens hoffen, vor allem im Kleinen Verbesserungen für die Anwohner zu erreichen. Dabei geht es zum Beispiel um einen besseren Lärmschutz für den Kindergarten an der Rümelinstraße und das Berufskolleg des Kolping-Bildungswerks. Vielen Nordbürgern erscheint es zum Beispiel ungerecht, dass die Logistikstraße beim Ufa-Palast eingehaust wird, aber nicht der Abschnitt auf Höhe des Kindergartens. Den Grund dafür erläuterte Klegraf: Die Planfeststellung für diesen Abschnitt der Logistikstraße sei abgeschlossen gewesen, bevor der Bauantrag für den Kindergarten überhaupt gestellt worden sei, der Ufa-Palast habe damals bereits gestanden.

Das Kolping-Bildungswerk hat seine Räume an der Rosensteinstraße zwar 2004 bezogen. Laut Bahn war zum Zeitpunkt der Plangenehmigung an dieser Stelle aber keine schutzwürdige Bebauung eingetragen, Einspruch dagegen hätte es bei der Auslegung der Pläne nicht gegeben. Da die Bahn auf Grundlage der Planfeststellung bauen muss, bleibt die Frage, ob das Eisenbahnbundesamt einer Planänderung zustimmen muss und ob das zeitlich möglich wäre.

Die Führung des Infoladens verlief vom Nordbahnhof über die Rosensteinstraße und machte auch an der Ehmannstraße Station. Auch dort prägen die Bauarbeiten zu Stuttgart 21 das Stadtbild: Der Rosensteinpark verliert an Fläche, weil in diesem Bereich neue S-Bahn-Tunnel notwendig sind. Auch an der Wolframstraße ist noch ungeklärt, wie die Straßenführung während der nächsten Jahre tatsächlich verlaufen soll. „Es wird noch etliche Diskussionen geben“, glaubt Klegraf, dies auch deshalb, weil viele Anwohnerinformationen bisher unzureichend gewesen seien.