Der Eon-Manager tritt im Oktober die Nachfolge von Hans-Peter Villis an. Der Neue gilt als ausgewiesener Experte für erneuerbare Energien.

Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)

Stuttgart - Frank Mastiaux übernimmt zum 1. Oktober den Vorstandsvorsitz des drittgrößten deutschen Energieversorgers EnBW. Der Aufsichtsrat hat den 48-Jährigen am Freitag für die Dauer von fünf Jahren bestellt. Mastiaux war schon länger im Gespräch als Nachfolger von Hans-Peter Villis, der den Rückhalt der Stuttgarter Landesregierung verloren hatte. Wie es heißt, traute Grün-Rot ihm nicht zu, den bisher stark vom Atomstrom abhängigen Konzern fit für die von der Bundesregierung verfügte Energiewende zu machen. Baden-Württemberg ist seit der Übernahme der Anteile der Électricité de France (EdF) mit knapp 47 Prozent an der EnBW beteiligt.

 

„Wir freuen uns sehr, mit Dr. Frank Mastiaux einen profunden Kenner wesentlicher Geschäftsfelder der EnBW gewonnen zu haben“, sagte der Aufsichtsratsvorsitzende Claus Dieter Hoffmann laut einer Mitteilung. Bereits vergangene Woche hatte er wissen lassen, dass der neue Mann an der EnBW-Spitze einen starken Schwerpunkt auf dem Feld der sauberen Energiegewinnung haben sollte. Dies ist bei Mastiaux ohne Zweifel der Fall. Der Manager hat bei Eon als Chef der Tochterfirma Eon Climate and Renewables von 2007 an den Ausbau der erneuerbaren Energien vorangetrieben.

„Mit ihrer Systemkompetenz, ihrer Kunden- und Partnerschaftsorientierung und ihrer regionalen Verbundenheit wird die EnBW ein maßgeblicher Treiber der Energiewende sein“, sagte Mastiaux laut Pressemitteilung. Trotz des schwierigen energiewirtschaftlichen Umfelds habe der Konzern das Potenzial, sich langfristig als profitabler Energiedienstleister positionieren zu können.

Derzeit ist Mastiaux noch Chef der Konzernsparte Eon International Energy und in dieser Funktion für Projekte in schnell wachsenden Märkten außerhalb Europas verantwortlich – etwa in Brasilien, Indien oder der Türkei. Das außereuropäische Geschäft soll nach Vorstellung des Eon-Konzernchefs Johannes Teyssen bis 2015 ein Viertel zum Gewinn beisteuern. Von Teyssen ist viel Lob über Mastiaux zu hören. Er könne auf langjährige Erfahrungen in aufstrebenden Märkten wie China, Vietnam, Südafrika, mehreren Ländern Südamerikas und im mittleren Osten zurückgreifen. Die erwarb er bei Eon und vorher im Öl- und Gasgeschäft bei BP.

Er wird Erfahrungen im politischen Geschäft sammeln müssen

Teyssens Vorgänger Wulf Bernotat hatte Mastiaux 2007 von dem britischen Ölkonzern zu Eon geholt. Dort war er zuletzt von London aus für das Flüssiggasgeschäft zuständig. Seitdem spreche er lieber Englisch als Deutsch, wird berichtet. Dabei ist er ein Kind des Ruhrgebiets. In Essen geboren, hat Mastiaux in Bochum Chemie studiert und an der Universität Duisburg-Essen promoviert. Seine Forschung über Infrarotspektroskopie bei Mineralölprodukten wurde von Veba Oel gefördert. Das Unternehmen wurde später von BP gekauft. Dort begann Mastiaux auch seine Managerkarriere im Stab von Wilhelm Bonse-Geuking, dem heutigen Chef der RAG-Stiftung.

Zu Eon lockte ihn das Angebot, das neue Geschäftsfeld Erneuerbare Energien zu entwickeln. Eon hatte erst sieben Jahre nach dem Atomausstiegsbeschluss der rot-grünen Bundesregierung entschieden, eine Ökoenergiesparte einzurichten. Diese sollte nun umso schneller wachsen. Mastiaux bekam dafür mehr als eine Milliarde Euro pro Jahr, kaufte Windparks in den USA und England und Solarkraftwerke in Spanien und Italien. Mit der Investitionsgesellschaft Masdar aus Abu Dhabi will er den weltgrößten Windpark im Mündungsgebiet der Themse bauen. Als Teyssen Bernotat folgte und eine neue Strategie für die Auslandsmärkte entwarf, übergab er Mastiaux den neuen Bereich. Als erstes Projekt wurde Anfang des Jahres die Zusammenarbeit mit dem brasilianischen Energiekonzern MPX vereinbart, in die Eon 350 Millionen Euro investiert.

Bei der EnBW wird Mastiaux seine Reisetätigkeit weitgehend auf Baden-Württemberg beschränken können und hauptsächlich zwischen Stuttgart und Karlsruhe hin- und herfahren. Die grün-rote Regierung erwartet von ihm, dass er den Konzern, der bisher rund die Hälfte des Stroms mit Atomkraft erzeugte, zügig um- und die erneuerbaren Energien ausbaut. Wegen seiner Erfahrungen auf diesem Gebiet konnte er sich gegen andere Kandidaten durchsetzen. Seine Konkurrenten sollen Matthias Kurt, der Ex-Präsident der Bundesnetzagentur, und Ewald Woste, der Chef der Stadtwerke-Holding Thüga gewesen sein.

Mit dem Wechsel zur EnBW wird Mastiaux mit 48 Chef eines großen Konzerns. Das hätte er bei Eon nicht erreichen können, denn Teyssen ist mit 52 Jahren nur wenig älter als er. Künftig hat er aber viel weniger Geld zur Verfügung, das er für neue Entwicklungen ausgeben kann. Stattdessen muss er ein Unternehmen sanieren, das durch die Abschaltung von zwei Atomkraftwerken in die roten Zahlen gerutscht ist. Und er muss sich mit einer Landesregierung arrangieren, die am liebsten gar nicht an der EnBW beteiligt wäre. Zwangsläufig wird Mastiaux nun auch Erfahrungen im politischen Geschäft sammeln müssen. Da ist er noch ein Neuling.