Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

So ist noch nicht Zeit für einen Generationswechsel und eine Frau an der Spitze?
Das wird 2017 anders sein. Peter Heesen hat keine Kronprinzen neben sich aufwachsen lassen. Das zweite Gebot „Du sollst keine fremden Götter haben neben dir“ hat er ernst genommen. In meiner Bundesleitung sollen sich einige der denkbaren Kandidaten für die folgende Amtsperiode – wie Hans-Ulrich Benra, Thomas Eigenthaler, Kirsten Lühmann und Ulrich Silberbach – schon finden.

Sie stehen der Gewerkschaft der Sozialversicherung vor. Ist es ein Bruch, wenn an der Spitze des DBB kein Beamter mehr steht? Zumindest argumentiert Habermann so.
Ich bin Geschäftsführer bei einer Gewerkschaft und kann in diesem Beruf nicht Beamter sein. Wichtiger ist: Kommt es auf den persönlichen Status an, um ein vernünftiger Interessenvertreter zu sein? Ich glaube nicht. In den vergangenen Jahren habe ich bewiesen, dass ich nicht nur die sozialpolitische Flanke abdecke. Ich habe auch an vielen Stellen bewiesen: Dauderstädt kann Beamtenrecht. Heute wäre es für den Tarifbereich im DBB sehr schwierig, einen eng begrenzten Beamtenvertreter an der Spitze zu haben statt einen erfahrenen Tarifverhandler, der zugleich den Beamten signalisiert: Ich will die primäre Kerneigenschaft als Beamtenstandesvertretung hart verteidigen.

Sollten Beamten streiken dürfen?
Sollte in Folge der Europäischen Menschenrechtskonvention das deutsche Beamtenrecht in dieser Frage kippen, sehe ich den ganzen Beamtenstatus gefährdet. Ich halte das für eine bedrohliche Entwicklung. Da werden wir sehr aufpassen müssen, dass das, was wir im nationalen Verfassungsrecht abgesichert haben – das Streikverbot als ein Teil der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums – nicht von Europa unterlaufen wird.

Heesen hat einst mehr Sanktionsmöglichkeiten bei „faulen Beamten“ gefordert und wurde daraufhin als Nestbeschmutzer beschimpft. Wird man von Ihnen ähnlich provokative Sätze hören?
In der Öffentlichkeit hat das damals Respekt erzeugt, weil er die eigene Klientel nicht geschont hat. Wer ehrliche Interessenvertretung will, darf das mal so sagen. Da unterscheide ich mich in der Sache nicht von ihm. Heesen ist von einem anderen rhetorischen Format und hat als Philologe eine andere Denkrichtung. Ich bin aber auch ein Mann des Wortes und pflege eine spitze Zunge, wenn es sein muss.

Die Mehrheit der Deutschen denkt beim Stichwort „Beamte“ noch immer zuerst an Privilegien wie Unkündbarkeit und hohe Pensionen. Der DBB steuert mit jährlichen großen Umfragen dagegen – reicht das?
Diese Einschätzungen in der Bevölkerung sind nicht von heute auf morgen auszutreiben. Wenn ich die vom Freiburger Professor Raffelhüschen und anderen immer wieder aufgegriffenen Diskussionen über die angeblich überhöhten Beamtenversorgung nehme, wird nicht wahrgenommen, dass drei Viertel der Versorgungsempfänger eine universitäre Ausbildung haben. Sie nehmen auch nicht wahr, dass es in der Rentenversicherung eine Bemessungsobergrenze gibt und auch nicht, dass die Rentenversicherung oft durch eine Zusatzversorgung aufgestockt wird. Hier gibt es so viele Vorurteile, gegen die ich auch in den nächsten fünf Jahren kämpfen muss.