Das monatelange Verkaufsgerangel um den Ulmer Arzneimittelhersteller Ratiopharm ist entschieden.

Ulm - Das monatelange Verkaufsgerangel um den Ulmer Arzneimittelhersteller Ratiopharm ist entschieden. Der zu der hoch verschuldeten Industriellenfamilie Merckle gehörende Generikahersteller geht an Teva. Inklusive Schulden belaufe sich der Kaufpreis für Ratiopharm auf 3,625 Milliarden Euro, teilte Teva am Donnerstag mit. Der israelische Weltmarktführer im Geschäft mit Nachahmerarzneien baut durch den Zukauf sein Deutschland-Geschäft kräftig aus.

Die Ratiopharm-Übernahme ist die größte Transaktion in der Branche seit dem Kauf des US-Konzerns Barr durch Teva für 7,5 Milliarden Dollar im Jahr 2008. Neben den Israelis war auch der US-Pharmariese Pfizer sowie der isländische Wettbewerber Actavis, der von der Deutschen Bank unterstützt wurde, an dem Ulmer Unternehmen interessiert. Kreisen zufolge wird der im Bieterprozess unterlegene Viagra-Hersteller Pfizer nun einen Blick auf den Bad Vilbeler Stada-Konzern werfen. Stada-Aktien zogen am Donnerstag zeitweise 0,7 Prozent an.

Die Familie Merckle muss Ratiopharm verkaufen, um ihre Milliardenschulden bei den Banken zu verringern. Zur Merckle-Gruppe gehören neben Ratiopharm unter anderem der Pharmahändler Phoenix sowie ein Anteil am Zementhersteller Heidelbergcement und der Pistenraupenhersteller Kässbohrer. Finanzkreisen zufolge hätte bereits ein Verkaufspreis von mehr als drei Milliarden Euro ausgereicht, um die Gläubigerbanken zufrieden zu stellen. Ein Verkauf des Mannheimer Pharmahändlers Phoenix wäre somit praktisch vom Tisch. Kreisen zufolge hatte Ludwig Merckle unlängst Avancen von Interessenten zurückgewiesen.

Ratiopharm soll Teva-Wachstum in Deutschland beschleunigen


Ratiopharm ringt mit Stada um Platz zwei unter den deutschen Herstellern von Generika. Marktführer in Deutschland ist die zum Novartis-Konzern gehörende Gesellschaft Hexal. Deutschland ist nach den USA der weltweit zweitgrößte Markt für Nachahmermedikamente. Ratiopharm setzte 2009 1,6 Milliarden Euro um und kam auf einen Betriebsgewinn (Ebitda) von 307 Millionen Euro. Damit würde der Kaufpreis mehr als das zehnfache des Ebitda betragen.

Teva verfolgt mit Ratiopharm ehrgeizige Wachstums-Pläne. So solle der Teva-Umsatz in Europa durch die Übernahme auf 5,2 Milliarden Dollar von 3,3 Milliarden Dollar zulegen. Zudem sollten binnen drei Jahren Synergien von mindestens 400 Millionen Dollar erzielt werden. Deutschland ist für Teva bislang ein großer weißer Fleck auf der Landkarte. Bei einer Präsentation in Ulm hatten sie Teilnehmern zufolge in Aussicht gestellt, Produktion aus Teva-Werken zur effizienteren Ratiopharm zu verlagern, um deren Fabriken besser auszulasten. Sogar das Europa-Hauptquartier von Teva könnte von Amsterdam nach Ulm verlagert werden. Nach Einschätzung der Credit Suisse könnte Teva mit Ratiopharm seinen weltweiten Marktanteil auf etwa 19 Prozent erhöhen.

Analysten äußerten sich positiv. Ratiopharm passe sehr gut zu Teva, sagte Gilad Sarig von der Bank Hapoalim. "Die Übernahme wird Teva helfen, die Nummer Zwei im deutschen Markt zu werden." Gut für Teva sei auch das Biogenerika-Geschäft von Ratiopharm, das sind Nachahmerpräparate von Biotech-Arzneien. Der Preis von 3,6 Milliarden Euro sei hoch. Ratiopharm werde aber voraussichtlich innerhalb eines Jahres bereits zum Ergebnis beitragen. Teva ist mit einem Börsenwert von 56 Milliarden Dollar Israels größtes Unternehmen. An der israelischen Börse legte die Teva-Aktie bis zum Mittag 1,8 Prozent zu.