In den kommenden Monaten wird sich ein äußerst seltenes Himmelsspektakel ereignen: Eine sogenannte Nova-Explosion soll ein Doppelsternensystem hell aufleuchten lassen. Und das ist mit bloßem Auge am Nachthimmel zu sehen.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Hobby-Astronomen fiebern derzeit einer Gelegenheit entgegen, die sich wahrscheinlich nur ein Mal im Leben bietet: Irgendwann zwischen jetzt und September wird am Himmel eine 3000 Lichtjahre entfernte Sternenexplosion zu sehen sein.

 

Doppelsternsystem im Sternbild T Corona Borealis

Das Doppelsternsystem im Sternbild T Corona Borealis (Nördliche Krone) leuchtet normalerweise zu schwach, um es mit bloßem Auge am Himmel zu sehen. Aber etwa alle 80 Jahre führt eine Reaktion zwischen den beiden Sternen zu einer spektakulären, weithin sichtbaren Atomexplosion.

T Corona Borealis Konstellation am Sternenhimmel. Foto: Imago/Pond5 Images

Diese sogenannte Nova ist nach Angaben der US-Raumfahrtbehörde Nasa so hell wie der Polarstern. Am Nachthimmel sieht es dann ein paar Tage lang so aus, als sei ein neuer Stern geboren worden.

Zum ersten Mal wurde diese Explosion im Sternbild T Corona Borealis 1866 von dem irischen Universalgelehrten John Birmingham beobachtet. 1946 ereignete sich das Phänomen erneut. Und nun rechnen Astronomen mit einer weiteren Nova.

Zehn periodisch wiederkehrende Novae

Während der Nova-Explosion im September wird „T Coronae Borealis“ wie ein heller, neuer Stern aussehen. Zuletzt war dies im Jahr 1946 geschehen. Foto: Imago/USA Today Network

Sumner Starrfield ist schon ganz aufgeregt. Schließlich befasst sich der Astronom der Arizona State University schon seit den 1960er Jahren mit T Corona Borealis. „Es könnte heute passieren, aber ich hoffe, das tut es nicht“, sagt er.

In unserer Milchstraße und ihren Nachbar-Galaxien gibt es etwa zehn periodisch wiederkehrende Novae, sogenannte rekurrierende Novae, wie Starrfield erklärt. Anders als klassische Novae, die sich „vielleicht alle 100 000 Jahre“ ereignen, vergeht zwischen zwei rekurrierenden Novae in einem Sternensystem nur etwa ein Menschenleben.

Info: Was sind Nova und Supernova?

In einigen Milliarden Jahren wird auch unsere Sonne zum Roten Riesen, einem Himmelskörper von gigantischen Ausmaßen und extrem hoher Temperatur. Schließlich mutiert er zu einem Weißen Zwerg – den Überresten ausgebrannter Sterne, die völlig erloschen sind. Foto: Imago/StockTrek Images
  • Nova: Nova (Plural: Novae) nennt man Helligkeitsausbrüche in engen Doppelsternsystemen – bestehend aus einem Weißen Zwerg und einem Roten Riesen –, bei denen Wasserstoff auf der Oberfläche eines Weißen Zwerges explosionsartig zündet.
  • Supernova: Eine Supernova (Plural: Supernovae) wiederum ist das kurzzeitige, helle Aufleuchten eines massereichen Sterns am Ende seiner Lebenszeit durch eine Explosion, bei welcher der ursprüngliche Stern selbst vernichtet wird. Seine Leuchtkraft nimmt dabei millionen- bis milliardenfach zu, so dass er für kurze Zeit so hell strahlt wie eine ganze Galaxie.
  • Sternenexplosion: Die Überreste der Supernova bilden mitsamt Sternenhülle und erbrüteten Elementen einen planetarischen Nebel aus größeren und kleineren Objekten bis hin zu Staubpartikeln von Atomgröße, die durch das Weltall wabern. Auf ihrer Reise durch das Universumtreffen die stellaren Relikte auf die Reste anderer Sternenexplosionen. All dieses Material bildet eine kosmische Fabrik, die neue Himmelskörper produziert.

Rote Riesen und Weiße Zwerge

Das hat mit der besonderen Wechselwirkung zwischen den beiden Sternen zu tun. Der eine ist ein abgekühlter sterbender Stern, ein sogenannt Roter Riese, der sich stark ausgedehnt hat.

Planet mit einem im Roten Riesen. Foto: Imago/Depositphotos
  • Rote Riesen: Rote Riesen sind alternde Sterne, in deren Kern das Verbrennen von Wasserstoff mangels Nachschub erloschen ist. Im Innern eines Sterns wie unserer Sonne verschmelzen Wasserstoffkerne zu Helium und liefern die nötige Energie. Ein gigantisches, unerschöpfliches Kraftwerk – so scheint es. Doch irgendwann ist Schluss mit der stellaren Energieversorgung.
  • Weißer Zwerg: Der andere Stern ist ein sogenannter Weißer Zwerg, der seinem Ende noch näher ist als der Rote Riese. Seine gesamte Atmosphäre ist bereits vergangen, so dass nur noch der immens dichte Planetenkern übrig ist.

Thermonukleare Reaktion am Weißen Zwerg von der Erde aus zu sehen

Space-Artist-Illustration eines Rote Riese, der von einem Cluster (Bündel) von Planeten umgeben ist. Foto: Imago/StockTrek Images

Wie Starrfield erläutert, ist der Größenunterschied zwischen den beiden Sternen so groß, dass der Weiße Zwerg im System T Coronae Borealis 277 Tage braucht, um den Roten Riesen zu umrunden. Zugleich sind sich die beiden Sterne so nah, dass vom Roten Riesen ausgestoßene Materie sich nahe der Oberfläche des Weißen Zwergs ansammelt.

Innerhalb von etwa 80 Jahren sammelt sich eine Materienmenge am Weißen Zwerg an, deren Masse in etwa der unserer Erde entspricht. Seine Atmosphäre erhitze sich in der Folge so stark, dass es zu einer thermonuklearen Reaktion komme. Das sei der Ausbruch, der selbst von der Erde aus zu erkennen sei.

Temperatur um 100 bis 200 Millionen Grad

Diese endet in einer „großen Explosion, und binnen Sekunden steigt die Temperatur um 100 bis 200 Millionen Grad“, erläutert der deutsche Astronom Joachim Krautter. Die nun erwartete Nova werden Astronomen unter anderem mit dem äußerst leistungsfähigen James-Webb-Teleskop beobachten.

Derartige High-Tech-Ausrüstung sei aber gar nicht nötig, um das Himmelsspektakel zu beobachten, sagt Krautter: „Man muss nur rausgehen und in die Richtung von Corona Borealis schauen“ (mit AFP-Agenturmatarial).