Dass viele Wohnungen Finanzinvestoren gehören, verschärft die Lage auf dem Immobilienmarkt, meint StZ-Korrespondent Thomas Wüpper.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Berlin - Feindliche Übernahme, Milliarden-Angebot, Megafusion – die Attacke von Vonovia auf den Konkurrenten Deutsche Wohnen bietet jede Menge Zündstoff. Das wahre Drama aber spielt sich abseits der Top-Etagen mächtiger Immobilienkonzerne ab. Die Wohnungsnot in deutschen Großstädten wächst, immer schwieriger wird es in den großen Ballungszentren, ein bezahlbares Dach über dem Kopf zu finden. Die Liberalisierung des deutschen Wohnungsmarkts und der Einstieg internationaler Finanzinvestoren haben diesen Missstand noch verschärft. Gerade in Städte wie Berlin, wo Spekulanten besonders aktiv sind, schossen die Mieten und Kaufpreise in die Höhe. Das ist kein Wunder. Den Aktionären der privaten Immobilienriesen geht es vor allem um ihre eigene Rendite, weniger um die sozial verträgliche Entwicklung von Quartieren und die Lösung der Wohnungsmisere. Dafür ist die Politik zuständig, aber dort fehlen Weitblick, nachhaltige Strategien und Konzepte. So wurden in den vergangenen Jahrzehnten Millionen preisgebundener Unterkünfte aus staatlichem Besitz teils zu Spottpreisen an Spekulanten verscherbelt, der soziale Wohnungsbau rigoros gekappt.

 

Nun müssen die Behörden für Bedürftige und die ankommenden Flüchtlinge privaten Wohnraum, Pensionen und Hotels teils sündhaft teuer mieten. Hektisch werden zudem milliardenschwere neue Wohnungsbauprogramme auf Kosten der Steuerzahler aufgelegt. Unterdessen rollt die Konzentrationswelle auf dem Wohnungsmarkt weiter, entstehen immer größere Immobiliengiganten in privater Hand, von deren teils hochriskanter, vor allem an hohen Renditen orientierter Geschäftspolitik Millionen Mieter abhängig sind.

Das ist eine ungesunde Entwicklung. Allein der deutsche Marktführer Vonovia könnte bald eine halbe Million Wohnungen besitzen. Unter dem früheren Namen Deutsche Annington hat gerade dieser Anbieter die gesetzlichen Spielräume für Mieterhöhungen, Luxussanierungen und Weiterverkäufe von Quartieren weidlich genutzt, oft genug zu Lasten alteingesessener Mieter und trotz Sozialcharten, die deren Rechte schützen sollen. Ob der Konzern seiner hohen Verantwortung künftig gerecht wird, daran gibt es nach den bisherigen Erfahrungen Zweifel. Schönen Versprechen sollten auch Taten folgen.