Carlo Ancelotti hat sich bereits vor dem Anpfiff festgelegt: Antonio Conte (46) sei „ein großartiger Trainer. Der beste dieser EM“, sagt der neue Bayern-Coach, was auch daran liegen könnte, dass er als Landsmann nicht ganz unbefangen ist. Joachim Löw (56) wird es verschmerzen können. Der Bundestrainer ist schließlich als Weltmeister über Zweifel erhaben – und ohnehin ebenfalls sehr beeindruckt von der Arbeit seines italienischen Kollegen. Der habe erkannt, „dass man nur mit Catenaccio alleine kein Turnier mehr gewinnt“.

 

Gemeinsam ist beiden Fußballlehrern ein ausgeprägtes Gespür für taktische Notwendigkeiten. Nicht ohne ironische Note ist es, dass ihre Mannschaften bei der EM neue Schwerpunkte gesetzt haben, die sonst immer die Domäne des Gegners waren. Löw, der ein Freund des unbeschwerten Offensivspektakels ist, hat die Abwehr stabilisiert – noch kein Gegentor musste seine Mannschaft in den vier bisherigen Spielen hinnehmen. Und Conte, im Land der Defensivkunst sozialisiert, lässt als einziger Trainer dieser Europameisterschaft seine Mannschaft mit zwei Angreifern stürmen. Verkehrte Welt.

Gänzlich unterschiedlich ist das Temperament der beiden Taktiktüftler. Zwar macht auch Löw an der Seitenlinie bisweilen wundersame Dinge – so leidenschaftlich wie Conte aber wird man ihn vermutlich nie sehen. „Blut, Schweiß und Tränen“ fordert der Süditaliener vor Spielen gerne und geht mit gutem Beispiel voran. Bedingungslosen Einsatz lebt Conte an der Seitenlinie vor – und erklimmt auch mal das Dach über seiner Trainerbank, wenn seine Mannschaft ein Tor schießt. „Es sind große Emotionen, eine EM als Nationaltrainer zu erleben“, sagt Conte, der nach dem Turnier zum FC Chelsea wechselt.