Die holländische Schule steht ja auch nicht gerade für Abwehrbollwerke, sondern für einen schönen Fußball.
Das reicht nicht. International ist mehr gefragt als diese Schule. Ich kann mich nicht daran erinnern, dass unser schöner Fußball zu vielen Titeln geführt hat.
Was muss international dazukommen?
Die Defensivarbeit. Wenn ich gesehen habe, wie unsere Abwehr gegen Tschechien aufgetreten ist – das ist auf diesem Niveau unglaublich. Da wundert einen dann nichts mehr. So funktioniert es definitiv nicht. Da war keine Organisation – da war Chaos.
Die Verteidiger wirkten mit der Situation insgesamt heillos überfordert.
Stimmt, aber die Wurzeln gehen tiefer. Denn Abwehrspieler werden bei uns gar nicht mehr richtig ausgebildet. Ihnen wird in der Jugend nicht vermittelt, was auf diesen Positionen in erster Linie zählt: Zweikampfstärke und dass man lernt, sich zu wehren. Das wird alles total vernachlässigt. Stattdessen wird bei uns im Nachwuchsbereich nur auf eines Wert gelegt: auf den eigenen Ballbesitz.
Die Defizite werden demnach nicht so schnell zu beheben sein?
Das sage ich ja, es dauert Jahre. Da muss man die ganzen Strukturen von oben bis unten überdenken und überarbeiten. Sonst besteht die Gefahr, dass wir international abgehängt werden.
Die Niederlande sind jetzt an ihrer Abwehrschwäche gescheitert – und woran noch?
Es soll keine Ausrede sein, doch so viele verletzte Spieler wie wir hatten, kann vielleicht Deutschland ersetzen. Aber wir nicht. Wir sind kein so großes Land. Deshalb hat auch unsere Liga nicht die Klasse wie die europäischen Spitzenligen, sodass die Nationalspieler im Alltag nicht ständig so gefordert werden wie das notwendig wäre. Auch das ist in Deutschland ganz anders.
Probleme, wohin man schaut?
Und es fängt bei uns nicht im Fußball an, sondern schon zu Hause bei der Erziehung. Da wird den jungen Leuten zu viel abgenommen und zu leicht gemacht. So lernen sie nicht mehr, sich zu quälen.
Aktuell kommt im Nationalteam vermutlich noch hinzu, dass ein schwieriger Generationswechsel stattfindet.
Das hat man ja an der Aufstellung gegen Tschechien erkennen können. In der Offensive hatten wir einige Spieler auf dem Platz, die wie Klaas-Jan Huntelaar, Robin van Persie und Wesley Sneijder bereits älter als 30 sind – und in der Abwehrviererkette betrug das Durchschnittsalter gerade mal 22 Jahre. Da stimmt die Mischung nicht. Es fehlt die Balance.
Ausbaden muss das jetzt vielleicht der Trainer Danny Blind, der in der Kritik steht – aus Ihrer Sicht zurecht?
Noch einmal – unsere Misere geht über den Trainer hinaus. Es liegt nicht an einem Mann, sondern am System. Da ist der Verband gefordert. Wir Niederländer waren schon immer kreativ, aber jetzt müssen wir noch kreativer sein, um die richtigen Lösungen zu finden.
Und was passiert, wenn das nicht gelingen sollte?
Ich bin kein Schwarzmaler, aber   wenn wir nicht die Lehren aus der jüngeren Vergangenheit ziehen, können wir die Zukunft auch vergessen.