Wem das Angebot der zugewiesenen Grundschule nicht passt, kann das Kind umschulen. Diese Option nutzen jedes Jahr mehrere Hundert Familien.

Stuttgart - Das Thema Ganztagsschule hat viele Eltern verunsichert. Immer wieder wurde und wird deren Befürchtung laut, dass es womöglich keine Wahlfreiheit mehr gebe, ob das Kind an einer Ganztags- oder Halbtagsschule angemeldet wird. Doch dem ist nicht so. Im Gegenteil – künftig haben Eltern sogar erweiterte Wahlmöglichkeiten. Das erfuhr dieser Tage Bärbel Müller (Name geändert).

 

Die Mutter eines künftigen Schulkindes wohnt im Einzugsgebiet der Falkertschule im Westen. Diese bietet nur Ganztagszüge an. Sie würde ihren Sohn aber gern in einer Halbtagsgrundschule anmelden. Denn auch der Gemeinderat habe diese Option ja erneut bekräftigt. Von der Falkertschule hat sie nun erfahren, dass sie dann einen Umschulungsantrag an eine andere Schule stellen soll. Zwei Schulen mit Halbtagszügen kämen als Alternative infrage, von denen sie eine bevorzuge, so Müller. Sie fragt sich nun, nach welchen Kriterien die Zuweisung der Erstklässler geschieht.

Bei Bedarf dürfen Kinder umgeschult werden

Dieses Thema könnte auch Eltern in anderen Stadtbezirken interessieren – zumal es den umgekehrten Fall ebenfalls geben könnte: dass Eltern eine Ganztagsschule wollen, wo es (noch) keine gibt. Sabine Graf vom Staatlichen Schulamt versichert auf Nachfrage der StZ: „In der Regel können die Kinder in der Halbtagsschule aufgenommen werden, die von den Eltern gewünscht wird.“ Dies gehe jedoch nur, wenn an der Wunschschule auch genügend Platz sei. „Umschuler dürfen keine neue Klassenbildung auslösen“, erklärt Graf mit Blick auf den Klassenteiler. Der liegt bei 28.

Das Thema bietet noch eine andere Facette, denn die neue Regelung erlaubt den Eltern mehr Auswahloptionen. So ist für Bärbel Müller klar, dass sie ihren Buben lieber in der Schule Im Sonnigen Winkel in der Halbhöhenlage anmelden würde als in der Schwabschule, wo bereits ein Schülerhaus bestehe und in den nächsten Jahren eine Ganztagsschule kommen werde. Müller befürchtet: „Als Kind, das wirklich nur am Vormittag in die Schule kommt, ist man dann eine Ausnahme und vielleicht nicht wirklich integriert.“ Der Sonnige Winkel sei bereits in diesem Schuljahr so stark von Umschulkindern nachgefragt worden, dass man nicht alle habe dort aufnehmen können, sagt Sabine Graf vom Schulamt.

Keine Lust auf Brennpunktschule

Denn auch bisher gab es Umschulungsanträge – insgesamt „einige Hundert pro Jahr“, wie Graf berichtet. 67 Prozent davon seien auf andere Betreuungsorte zurückzuführen sowie auf ein besonderes Schulprofil wie etwa bei zweisprachigen Schulen, aber auch auf den Wunsch nach einer Jahrgangsmischung. Allerdings mussten die Eltern, wenn Betreuung der Grund war, bisher nachweisen, dass das Kind anderswo einen Betreuungsplatz hat, sei es bei der Oma, im Betriebskindergarten oder bei der Tagesmutter. Manche Eltern versuchten dadurch zu verhindern, dass ihr Kind eine Brennpunktschule besucht.

Graf geht davon aus, dass das Verfahren mit den Umschulungsanträgen relativ reibungslos vonstatten gehen wird: „Wenn beide Schulen einverstanden sind – also die abgebende und die aufnehmende –, dann läuft das relativ eigenständig.“ Sabine Graf betont aber auch: „Man hat nicht das Recht auf eine bestimmte Schule – aber auf die Wahl zwischen Halbtags- und Ganztagsschule.“

Das Argument des externen Betreuungsstandorts als Umschulungsgrund wird vom Schuljahr 2014/15 an allerdings zunehmend weniger ziehen, da Horte von da an nur noch dann Kinder aufnehmen dürfen, wenn an ihrer Schule die Betreuung nicht ausreicht. Bis 2020 soll dann die Schulkindbetreuung ohnehin komplett an die Grundschulen verlagert werden. Graf sieht darin – auch durch die konzeptionelle Verzahnung von Unterricht und Freizeitpädagogik – „einen Qualitätssprung“.

Inzwischen geht der Trend zur Ganztagsschule

Und was die Halbtagsschule angeht, betont Sabine Graf: „Es ist so, dass die Eltern in ihrer Nähe immer eine finden werden – die Wahlfreiheit ist voll da.“ Zu diesem Schuljahr hätten etwa zehn Prozent der Antragsteller ihre Kinder umgeschult, um von der Ganztagsschule wegzukommen. Doch 23 Prozent hätten den Schulwechsel beantragt, um auf eine Ganztagsschule zu kommen – an manchen Standorten seien dies sogar mehr als 20 Kinder gewesen. Zum kommenden Schuljahr seien bisher insgesamt erst sechs Umschulungsanträge eingegangen.

Auf ein unkompliziertes Verfahren hofft auch Bärbel Müller. Schließlich, so argumentiert die Mutter, sollte die Landeshauptstadt Familien wie ihrer, die keine Ganztagsbetreuung für ihre Kinder brauchen, dankbar sein – „weil wir ja Plätze frei machen für die anderen Kinder und Familien, die darauf angewiesen sind“.