Eigentlich sollten im Gemeinderat bereits die Weichen für die Ganztagsgrundschule gestellt werden. Doch wegen der zahlreichen Elternproteste änderte die Verwaltung von Korntal-Münchingen ihre Pläne.

Korntal-Münchingen - Die Zahlen beeindrucken: Mehr als 1130 Unterschriften hat die Gruppe Betreuung Zukunft für die Beibehaltung des flexiblen Betreuungssystems in Korntal-Münchingen gesammelt, das mit einer erwarteten Steigerung um 16 Prozent eine zunehmende Nachfrage erfährt. Die geplante Umwandlung bewegt die Gemüter: Rund 75 Zuhörer kamen zu der Gemeinderatssitzung, in der die Weichen für die Ganztagsschule gestellt werden sollten.

 

Doch die vielen Elternreaktionen haben die Verwaltung zu einem Umdenken gebracht. Kurzfristig änderte sie ihren Beschlussantrag: Ein Architekt soll nun nicht nur einen Grundriss für die ohnehin nötige Erweiterung der Korntaler Teichwiesenschule für den Ganztagsbetrieb erstellen, sondern auch für das Hortangebot. Zudem wird die Verwaltung, „mit angemessener Elternbeteiligung“ ein Modell für die Erweiterung des Hortangebots erarbeiten. Vor allem die Gruppe Betreuung Zukunft hatte angeführt, dass die Ausweitung des Hortangebots keine zusätzlichen Kosten verursachen werde, was nun mit Zahlen untermauert werden soll. Die Ergebnisse sollen bis zu den Sommerferien vorliegen.

Durch den Kompromiss schaffte die Stadt ein weitgehend einstimmiges Votum der Räte. Denn auch unter ihnen gibt es vehemente Gegner der Ganztagsschule. Edeltraud Siegle (Freie Wähler) scheiterte aber damit, für den Architekten nur 20 000 statt 30 000 Euro für die Horterweiterung zur Verfügung zu stellen. Die Kosten für einen oder zwei Grundrisse unterschieden sich kaum, entgegnete der Bürgermeister Joachim Wolf. Siegle fand nur in ihrem Fraktionskollegen Wolfgang Anton sowie Tilmann Oestreich Mitstreiter.

Zahlreiche Argumente gegen Ganztag

Der AfD-Rat, der zusammen mit der Gruppe um Sabine Rahner und Julia Ohl-Schacherer Positionspapiere erstellt und die Unterschriften gesammelt hatte, hatte zuvor einigen Argumenten der Stadt widersprochen. Dabei führte er auch an, dass gerade in Stuttgart viele Eltern unzufrieden seien mit der neuen Form und Privatschulen regen Zulauf hätten. Der Ganztag bringe auch keine besseren Bildungschancen für Kinder aus sozial schwachen Familien. Diese würden nicht automatisch das – für sie im Gegensatz zum Hort – kostenfreie Angebot nutzen, auch der SPD-Fraktionschef Egon Beck hatte dies angezweifelt. Nur wenn die Ganztagsschule für alle Pflicht werde, sei das der Fall – in Korntal-Münchingen soll es aber nach wie vor Halbtagszüge geben. Denn die Stadt will niemanden in den Ganztag zwingen, für Halbtagsschüler wird es aber kein so umfangreiches Betreuungsangebot mehr geben.

Zudem spiegele die nun erhobene Nachfrage nach dem Hort – die Stadt rechnet für Herbst 2015 mit 175 Kindern, bislang sind es 151 – nicht wider, wie viele tatsächlich das Angebot nutzten. Und schließlich sei auch fraglich, ob es weiterhin Fördergelder für die Ganztagsschulen gebe: „Das Land ist im Umbruch“, sagte Oestreich.

Doch auf diese Förderung setzt die Stadt. Denn die Kapazitäten für die Hortbetreuung in Korntal sind erschöpft, derzeit werden nur Kinder aufgenommen, deren Eltern beide berufstätig oder die alleinerziehend sind und arbeiten. Würde man den Hort erweitern, würde „das voll zu Lasten der Stadt und der Eltern gehen“, sagte der Fachbereichsleiter Michael Siegel. Denn das Land unterstütze den Ausbau nicht, im Gegensatz zur Ganztagsschule.

Rektor: Nachteil mit altem System

Ziel der städtischen Pläne sei es, den „ausgesprochen hohen Qualitätsstandard beizubehalten“ und ein Angebot für alle Kinder zu schaffen. Zudem wolle man eine möglichst hohe Flexibilität bei der Betreuungszeit, sagte Wolf. Dass das mit der Ganztagsschule nicht so machbar sei, wie von der Elterngruppe gewünscht, sei aber auch klar. „Ich singe aber nicht das hohe Lied des Ganztags. Wenn wir unsere Ziele mit einem größeren Hort erreichen, ist das auch gut.“

Werner Schoner von der Flattichschule war nach der Sitzung zufrieden, weil „nun entschleunigt wird“. Er steht der Ganztagsschule zurückhaltend gegenüber, auch weil es in Münchingen keine Engpässe gebe. Anders sein Kollege von der Teichwiesenschule. Gebhard Götz bedauerte, dass die Rektoren am Donnerstag kein Rederecht hatten. Dann hätte er Oliver Nauth (CDU) und Wolf Ohl (Grüne) widersprochen, die anzweifelten, dass sich genügend Vereine für Kurse finden. Er habe viele solcher Kooperationspartner, zudem auch Anfragen von neuen. Ungeachtet dessen bräuchte man auch nicht unbedingt Externe, denn das Land gewähre pro Ganztagsgruppe zwölf zusätzliche Lehrerstunden, was fünf Stunden über seinen Bedarf für den Unterricht hinausginge, rechnet er vor. Anders sei das ohne Ganztagsschule. Denn das Land finanziere beim Halbtag nur das Nötigste, schon jetzt könne seine Schule manche gefragten AGs nur anbieten, weil man an anderen Stellen Lehrer einspare. „Meine Sorge ist, dass wir im Halbtag dann nur noch den Mangel verwalten.“