Stadtbaukunst - verstanden als Kreation urbaner Räume - erschöpft sich nicht in der Masterplanung. Entscheidend für das Ergebnis ist die Schnittstelle zur baulichen Realisierung. Deshalb gilt es, bei jedem Gebäudewettbewerb und bei jeder Baugenehmigung die städtebaulichen Ziele im Auge zu behalten.

Urbane Stadtquartiere mit städtebaulicher Vielfalt und Atmosphäre setzen unabdingbar Nutzungsmischung voraus. Wenn die Stadt ihre Planungshoheit nicht in die Waagschale wirft und die Gesetze der Immobilienwirtschaft auf den ehemaligen Bahnflächen obsiegen, werden die bisher vorherrschenden Monostrukturen mit ihren abweisenden Gebäudefronten auch weiterhin das Maß der Dinge sein. In Bebauungsplänen und städtebaulichen Verträgen ist daher ein urbaner Nutzungsmix vorzugeben. Das gilt im Besonderen für den citynahen Bereich, wo die hohen Grundstückpreise viele für ein städtisches Leben essenzielle Nutzungen ausschließen könnten. Hier müsste pro Gebäude ein Wohnanteil von mindestens fünfzig Prozent vorgeschrieben werden. Im Rosensteinviertel wird der Wohnanteil auf bis zu achtzig Prozent ansteigen.

Modellquartiere der Zukunft


Von großer Bedeutung ist die Nahtstelle vom privaten zum öffentlichen Raum. Die Erdgeschosszone muss belebend auf Straßen und Plätze ausstrahlen und deshalb mit Gastronomie, Läden und Dienstleistungen oder sozialen Treffpunkten, mit Kindertagesstätten, Seniorentreffs und weiteren öffentlichen Nutzungen belegt sein. Es ist Aufgabe der Stuttgarter Stadtplanung, diese Nutzungen festzuschreiben. Ich sehe auch die Kommunalpolitik in der Pflicht, von künftigen Investoren und Nutzern der ehemaligen Bahnflächen einen Beitrag zur urbanen Entwicklung zu fordern - in der Tradition der europäischen Bürgerstadt, wo der Einzelne seinen Beitrag zum Gemeinwohl und zum Stadtbild leistete.

Die heute verbreitete Praxis, große Baufelder jeweils einer Investorengruppe zuzuschlagen, fördert die Vereinheitlichung der Nutzungen und produziert Monotonie. Sehr oft werden die Gebäude von den Investoren nach Fertigstellung an Immobiliengesellschaften weiterveräußert. Da auf diesem Markt in der Regel einheitlich genutzte Objekte gehandelt werden - Büro- oder Wohnhäuser oder Handelsimmobilien - gehen Investoren ungern mit nutzungsgemischten Objekten auf den Markt.